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Mündlich überliefert

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Patienten sollten mit ihrem Zahnarzt über sämtliche Erkrankungen des Körpers sprechen – die Zähne könnten die Ursache dafür sein. FOTO: FOTOLIA

Von Diabetes bis Demenz: Chronische Zahnfleischentzündungen sind tückisch, denn sie können den ganzen Körper schwächen. Das Problem: Oft wird der Zusammenhang nicht erkannt – und die behandelnden Ärzte sprechen zu wenig miteinander.

VON IRENE HABICH Dass regelmäßiges Zähneputzen vor Karies schützt, weiß jedes Kind. Tatsächlich können gesunde Zähne sogar das Leben verlängern. Doch schlechte Zähne sind bei Weitem nicht nur ein Schönheitsmakel. Sie steigern auch deutlich das Risiko, an Herz-Kreislauf-Leiden und an Diabetes zu erkranken. Eine gute Mundhygiene hingegen trägt dazu bei, den ganzen Organismus gesund zu halten. Der Zusammenhang zwischen Zahnerkrankungen und anderen Leiden ist wissenschaftlich vor allem bei der Parodontitis belegt, einer chronischen Entzündung von Zahnfleisch und Zahnhalteapparat.Ein Diabetologe schaut nicht unbedingt in den Mund„Unter Zahnmedizinern sind diese Zusammenhänge schon relativ gut bekannt“ sagt Søren Jepsen, er ist Direktor der Poliklinik für Parodontologie, Zahnerhaltung und präventive Zahnheilkunde der Universität Bonn. Bei anderen Ärzten würde er sich aber „noch mehr Aufmerksamkeit für das Thema“ wünschen. Zum Wohl der Patienten wäre es am besten, wenn Ärzte und Zahnmediziner enger als bisher zusammenarbeiten, glaubt Jepsen: „Ein Diabetologe schaut seinem Patienten ja nicht unbedingt in den Mund. Dabei kann es eine unbehandelte Parodontitis erschweren, den Blutzucker einzustellen.“

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Wenn sich diese Erkrankungen gegenseitig beeinflussen, entsteht ein Teufelskreis.

Søren Jepsen, Direktor der Poliklinik für Parodontitis in Bonn

Denn bei der Parodontitis ist die Erkrankung nicht nur auf die Mundhöhle begrenzt. Es gelangen auch große Mengen Bakterien in die Blutbahn, wodurch es zu einer Entzündungsreaktion kommt. Dabei werden Botenstoffe ausgeschüttet, die die Regulierung des Blutzuckerspiegels durch das Hormon Insulin stören. Ein Problem, mit dem Diabetiker ohnehin zu kämpfen haben.

Umgekehrt verstärkt ein dauerhaft erhöhter Blutzucker die Parodontitis. Denn dabei entstehen Stoffwechselprodukte, die die Entzündungsreaktion im Mund fördern und den Heilungsprozess behindern. „Weil beide Erkrankungen sich gegenseitig ungünstig beeinflussen, entsteht oft ein Teufelskreis. Sie sollten also gleichzeitig behandelt werden. Das verspricht bessere Erfolge“, sagt Jepsen.

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FOTO: ISTOCK

Aktuell tauschen sich Jepsen und seine Kollegen mit Ärzten anderer Fachrichtungen aus, neue Leitlinien sollen entstehen. In Zukunft sollen zum Beispiel in Arztpraxen an Diabetiker Checklisten ausgegeben werden, mit denen sich das Risiko für eine Parodontitiserkrankung bestimmen lässt. Wenn ein Verdacht besteht, sollen Patienten zum Zahnarzt geschickt werden. Umgekehrt soll in Zahnarztpraxen das Diabetesrisiko bestimmt werden, um die Patienten gegebenenfalls an einen anderen Arzt zu verweisen.

Parodontitis ist ein Risikofaktor – auch für Arteriosklerose

Aber nicht nur das Risiko für Diabetes, sondern auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen ist durch Parodontitis erhöht. So scheint die Zahnerkrankung Entzündungsreaktionen und die Bildung von Plaques in den Blutgefäßen zu fördern, die Arteriosklerose. In der Folge erhöht sich das Risiko für gefährliche Komplikationen wie einen Herzinfarkt oder Schlaganfall. Diskutiert wird unter Experten mittlerweile sogar auch ein möglicher Zusammenhang zwischen Parodontitis und der Alzheimer-Demenz.

Die Parodontitis, darauf deutet heute alles hin, ist eine besondere Gefahr für die Gesundheit des gesamten Organismus. Zwar können auch andere Zahnleiden wie eine entzündete Zahnwurzel krank machen, weil sie das Abwehrsystem schwächen.

8 Millionen Deutsche leiden an einer stark ausgeprägeten Parodontitis.

Das sei jedoch schon lange bekannt, sagt Jepsen. Eine schwere Parodontitis spielt als Risikofaktor für andere Erkrankungen aber eine viel größere Rolle, weil dabei mehrere oder alle Zähne betroffen sind. Und die Krankheit ist relativ häufig: Acht bis zehn Millionen Menschen in Deutschland leiden an Parodontitis, die so ausgeprägt ist, dass sie all diese Risiken mit sich bringt, sagt der Experte. Zwar nimmt die Zahl bei den Jüngeren ab. Meist sind aber ohnehin ältere Menschen betroffen. Und da die Bevölkerung immer stärker altert, wird das Problem auch in Zukunft wahrscheinlich noch viele Menschen betreffen.

Die Ursachen für die Erkrankung sind vielfältig


Die Ursachen für Parodontitis sind vielfältig, sagt Jepsen. Schlechte Mundhygiene ist ein wichtiger Auslöser, aber nicht der einzige. Zu den weiteren Risikofaktoren zählen das Rauchen, auch bestimmte Gene spielen eine Rolle. Bewegungsmangel und eine schlechte Ernährung begünstigen ebenfalls eine Parodontitis. Zur Behandlung ist es wichtig, dass Parodontis überhaupt erst einmal erkannt wird. Weil sie anfangs oft keine Probleme bereitet, sind regelmäßige Kontrollbesuche beim Zahnarzt wichtig. Der Mediziner kann bakterienhaltige Beläge von den Zähnen entfernen, die Parodontis fördern, das Gleiche müssen Patienten regelmäßig zu Hause tun.

Wer einer Parodontitis vorbeugen möchte, sollte nicht nur regelmäßig und gründlich die Zähne putzen. Es hilft laut Jepsen auch, allgemein auf seine Gesundheit zu achten. Dazu gehören neben gesunder Ernährung auch ausreichend Bewegung und Laster wie das Rauchen aufzugeben.

Deutsche sind in der Zahnpflege sicher

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Wer vorbeugen will, muss seine Zähne regelmäßig gründlich reinigen. 
FOTO: FOTOLIA

Die Deutschen pflegen ihre Zähne heute wesentlich besser als noch vor 20 Jahren – es gibt wesentlich weniger faule Zähne. Allerdings gebe es noch einiges zu tun gegen Parodontitis, die Entzündung von Zahnfleisch und Knochen, sowie bei der Mundgesundheit älterer Menschen. Dies sind Ergebnisse der jüngsten Deutschen Mundgesundheitsstudie der Bundeszahnärztekammer (BZÄK) und der Kassenzahnärztlichen Bundesvereinigung (KZBV) aus dem August 2016.

Karieserkrankungen sind demzufolge in allen Altersgruppen und in allen Bevölkerungsschichten stark rückläufig. Beispielsweise haben heute acht von zehn der zwölfjährigen Kinder (81,3 Prozent) ein Gebiss ohne einen einzigen faulen Zahn. Das sei eine Verdopplung im Vergleich zur dritten Studie dieser Art von 1997.

Auch bei der Parodontose, die letztlich zum Zahnausfall führt, gebe es Erfolge. Allerdings müsse diese stille Volkskrankheit noch entschiedener bekämpft werden, hieß es. Denn den Daten zufolge steige der Behandlungsbedarf bei Entzündung des Zahnhalteapparats an.

Bei den älteren Menschen zwischen 65 und 74 sei heute jeder achte zahnlos. 1997 sei es noch jeder vierte gewesen. Allerdings seien ältere Menschen mit Pflegebedarf, die erstmals in die Studie einbezogen wurden, bei der Mundgesundheit deutlich benachteiligt. Pflegebedürftige zwischen 75 und 100 Jahren hätten häufiger Karies als die Altersgruppe insgesamt.

Zähneputzen ist eigentlich ganz einfach

Ärzte raten von Pflegeprodukten mit Weißmachern ab

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Einfach nur Zähne putzen reicht nicht – man muss wissen, wie es geht. 
FOTO: FOTOLIA

Das Timing: Eigentlich sollte man die Zähne nach jeder Hauptmahlzeit reinigen. Das ist nicht immer machbar, deshalb gilt: mindestens zweimal am Tag. Am besten nach dem Frühstück und – ganz wichtig – nach dem Abendessen. „Wenn es geht, sollte man 30 Minuten warten, vor allem wenn man säurehaltige Getränke oder Nahrungsmittel zu sich genommen hat“, sagt Dirk Kropp von der Initiative prodente. Ist das nicht möglich, putzt man die Zähne direkt nach dem Essen. Putzen ist wichtiger als Warten. Im Schnitt sollte das Zähneputzen zwei Minuten dauern. Bei manchen Menschen, zum Beispiel bei Senioren oder Kindern, kann aber auch mehr Zeit nötig sein, um die Zähne gründlich zu reinigen. Einmal täglich sollte man zusätzlich die Zahnzwischenräume reinigen.

Das Equipment: Zahnärzte empfehlen Bürsten mit weichen bis mittelharten, abgerundeten Borsten und kurzem Kopf. So erreicht man auch die hinteren Zähne . Ob manuell oder elektrisch, ist im Prinzip nicht so wichtig: „Bei beiden Methoden braucht man eine gewisse Putztechnik, um die Zähne gründlich zu reinigen“, sagt Kropp. Die Zahncreme sollte Fluorid enthalten, bei Kindern 500 ppm (parts per million) und bei Erwachsenen 1500 ppm. Von sogenannten Weißmacherzahncremes mit groben Putzkörpern rät Kropp ab. Diese können den Zahnschmelz schädigen.

2 Minuten lang sollte das Zähneputzen im Schnitt dauern. Bei Kindern bei Bedarf sogar länger.

Die Technik: Meist wird die KAI-Technik empfohlen. Das bedeutet, dass erst die Kauflächen, dann die Außenflächen und dann die Innenseiten der Zähne gereinigt werden. Das sei aber bloß eine Orientierung. „Wichtig ist, sich ein System zurechtzulegen, mit dem man sich die Zähne wie im Schlaf putzt, der Ablauf sollte automatisiert sein.“ Wer unsicher ist, ob er gut putzt, fragt am besten bei der halbjährlichen Kontrolle beim Zahnarzt nach. Zu viel Druck sollte es beim Putzen nicht sein, das kann unter Umständen den Zahnschmelz schädigen. „Der Druck sollte 150 Gramm entsprechen, das kann jeder mit einer Küchenwaage ausprobieren.“

Das lässt uns schneller altern

SPRECHSTUNDE NINA RUGE

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Ich war 40, als ich das erste Mal den Zahn der Zeit so richtig nagen spürte. Ich mutete meinem Körper jede Menge zu. Es gab Phasen von Kraftlosigkeit – und das merkte man mir auch an. Ich sah manchmal ziemlich alt aus.

Da traf ich auf einen Münchner Internisten, Erich Knobloch. Er motivierte mich, meinen Lebensstil drastisch zu verändern. Für die Ernährung bedeutet das: viel Obst und Gemüse zu essen, weil die sekundären Pflanzenstoffe Radikalfänger sind. Das Wichtigste, das ich aus meinem Leben verbannt habe, ist Zucker. Denn Zucker lässt das Hormon Insulin sprudeln, und das macht dick, krank – und alt. Es gibt noch so viel mehr, was guttut: das berühmte Zwei-Liter-Wasser-Trinken pro Tag, Ballaststoffe aus Vollkornprodukten und Bewegung. Außerdem sollte man nie damit aufhören, etwas Sinnvolles zu tun, was das auch sein mag. Jung bleiben beginnt im Kopf.

Aktuell ist von Nina Ruge das Buch „Der unbesiegbare Sommer in uns“, Kailash, 256 Seiten, 17,99 Euro, erschienen. Außerdem gibt es von ihr das Coaching „Alles wird gut“. Informationen gibt es unter 

Tiefe Entspannung: Der Schulterstand

UNSERE LEICHTESTE ÜBUNG

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Der Schulterstand gehört zu den Umkehrhaltungen, bei denen das Herz über dem Kopf liegt. Die Haltung wirkt beruhigend auf das Nervensystem und dehnt die Rückenmuskulatur.
Anleitung: Flach auf den Rücken legen und die Beine aufstellen. Das Becken anheben und zur Unterstützung ein Kissen, eine gefaltete Decke oder einen Yogablock unter das Gesäß legen. Beine heranziehen und gerade nach oben ausstrecken und entspannt ein paar Minuten gestreckt in der Luft halten.

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Coxarthrose

DAS SAGT DER ARZT

Treten Belastungsschmerzen im Bereich der Hüfte auf, die als störend und einschränkend beschrieben werden, können das erste Anzeichen für einen Hüftgelenkverschleiß sein.

Hätten Sie’s gewusst? Jeder dritte Deutsche nutzt Fitness-Tracker zur Aufzeichnung von Gesundheitsdaten. Das ergab eine Umfrage von Bitkom.