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Fit & Gesund 2017

Der Körper lernt mit jedem Husten

Der Körper lernt mit jedem Husten

Wenn Kinder erkranken, handelt es sich meist um harmlose Infekte. Viele ernsthafte Kinderkrankheiten gelten in Deutschland als ausgerottet. Doch Impflücken könnten wieder für Verbreitung sorgen.

VON KERSTIN HERGT Schon wieder Fieber und Laufnase? Auch wenn besonders Eltern von Kindergartenkindern regelmäßig daran verzweifeln, was der Nachwuchs alles an Krankheiten zu Hause einschleppt: Infekte bei Kindern gehören zum Lernprozess des Immunsystems. Viren und Bakterien muss der Körper erst kennenlernen, um Abwehrkräfte zu entwickeln. Dagegen lassen sich klassische Kinderkrankheiten wie Mumps oder Masern mit nicht zu unterschätzenden möglichen Folgen für die Gesundheit vermeiden – durch Impfungen. Prof. Johannes Liese, Leiter der Pädiatrischen Infektiologie und Immunologie der Kinderklinik des Universitätsklinikums Würzburg, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie (DGPI) und Kuratoriumsmitglied der Stiftung Kindergesundheit, gibt Auskunft über die häufigsten Kinderkrankheiten und was man im Zweifel dagegen tun kann.

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Die „Blockbuster“ unter den Krankheiten sind Mittelohrentzündung, Mandelentzündung und Bronchitis.

Prof. Johannes Liese,
Vorsitzender der Gesellschaft für
Pädiatrische Infektiologie

Infektionen der oberen Atemwege

In den ersten Lebensjahren lernt das Immunsystem, sich mit Keimen und Viren auseinanderzusetzen, um sich langfristig davor zu schützen. Bei Kindern häufen sich fieberhafte Infektionen der oberen Atemwege vor allem bis zum dritten Lebensjahr. „Sechs bis acht Infekte jährlich sind dabei normal. Die ,Blockbuster‘ unter den Erkrankungen sind Mittelohrentzündung, Mandelentzündung und Bronchitis“, sagt Prof. Johannes Liese. In diesen Fällen sollten die Eltern bei ersten Anzeichen sofort den Kinderarzt einschalten, rät der Mediziner. Bei der Behandlung gehe man heute sanfter vor als beispielsweise noch vor zwanzig Jahren. So wird eine vollständige operative Entfernung der Mandeln nur noch durchgeführt, wenn das Kind übermäßig oft an einer Entzündung leidet.

Zurückhaltung üben Kinderärzte auch bei der Verschreibung von Antibiotika. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund der Zunahme an multiresistenten Keimen in Kliniken.

Grippale Infekte

Erkältungskrankheiten sind vor allem in den ersten Kindergartenjahren weit verbreitet. Hustenreiz und laufende Nase sind nach gut zehn Tagen in der Regel überstanden. Fieber als Begleiterscheinung hält meist nur zwei Tage an. Für die echte Grippe sind Influenzaviren verantwortlich, die stärkere Symptome hervorrufen. Bei Kindern können sich neben sehr hohem Fieber und bellendem Husten auch noch Übelkeit, Bauchweh und Erbrechen einstellen. „Im Zweifel ist ein Krankenhausaufenthalt angebracht. Dennoch wird wegen des aufwendigen Impfprogramms eine Grippeschutzimpfung bei Kindern nur bei Grunderkrankungen wie etwa Asthma empfohlen“, sagt Liese.

Kinderlähmung

In Deutschland gilt Poliomyelitis, also Kinderlähmung, zwar nicht zuletzt dank Schutzimpfungen als ausgerottet. Dennoch empfiehlt die ständige Impfkommission des Robert-Koch-Instituts (RKI) auch weiterhin die Immunisierung. Sie besteht aus insgesamt fünf Impfungen im Säuglings- und Jugendalter, die in der Regel mit Kombinationsimpfstoffen erfolgen. Der durch den Bürgerkrieg bedingte Rückgang der Impfquote in Syrien hat dort zu einer neuerlichen Verbreitung des Polio-Virus‘ geführt. Polio kann zu Hirnhautentzündung und Lähmungen führen.


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Masern, Mumps, Röteln und Windpocken

In der Vergangenheit gab es verstärkt Masernepidemien, die von Erwachsenen ausgingen. „Das ist darauf zurückzuführen, dass bei älteren Generationen die Impfschutzschemata nicht optimal waren“, erläutert Liese. Umso wichtiger sei es, dass auch Erwachsene ihre Masernimpfungen auffrischen lassen. Für Kinder bestehe mittlerweile ein gutes System. Dennoch gab es im Jahr 2013 nach Angaben des RKI noch 1771 Masernfälle, fast alle davon bei Ungeimpften. Als Spätfolge kann eine Gehirnentzündung (SSPE) auftreten, die tödlich ist.

Auch die Auswirkungen von Mumps, Röteln und Windpocken seien nicht zu unterschätzen, warnt der Facharzt für Infektiologie. So kann es bei Mumps zur Schädigung des Gehörs und der Zeugungsfähigkeit kommen, Windpocken sind vor allem für Neugeborene lebensbedrohlich, Röteln können bei Erkrankung der Mutter bei Ungeborenen schwere Fehlbildungen auslösen. Eine Impfung gegen alle vier Krankheiten auf einmal wird bereits für Babys zwischen dem elften bis vierzehnten Lebensmonat empfohlen.

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FOTOS: ISTOCK, FOTOLIA

Scharlach

Einen Impfstoff gegen Scharlach gibt es bislang nicht. „Einen solchen zu entwickeln scheitert vor allem daran, dass es sich bei den Erregern um Streptokokken handelt, die die Eigenschaft haben, sich häufig zu verändern“, erläutert Liese. Genau dieser Aspekt habe allerdings auch zu einem Wandel des Erregerbildes geführt, sodass die Krankheit heute in den seltensten Fällen noch lebensbedrohlich sei. Scharlach ist eine bakterielle Infektionskrankheit und verursacht Halsentzündungen, hohes Fieber und zum Teil Hautausschlag. Die Krankheit ist hoch ansteckend und tritt besonders häufig zwischen März und Oktober in Kindertagesstätten sowie Schulen auf. In der Regel wird sie mit Antibiotika behandelt. Bei einem schweren Verlauf kann es zu einer chronischen Herzklappenschädigung kommen.

Keuchhusten

Anfang des Jahres erst wurde Deutschland von einer Keuchhustenwelle erfasst. Die Zahl der Erkrankten erreichte damit einen neuen Höchststand. Im Jahr 2016 registrierte das Robert-Koch-Institut rund 22 000 Fälle und damit die meisten seit dem Beginn der bundesweiten Meldepflicht im Jahr 2013. Damals waren es rund 12 600 Patienten pro Jahr. „Keuch-husten ist ein großes Problem“, sagt Liese. Der Mediziner führt die Verbreitung vor allem auf Impflücken bei Erwachsenen zurück. „Eine Auffrischung alle zehn Jahre ist unerlässlich“, gibt der Infektionsschutzexperte zu Bedenken. Besonders gefährlich ist Keuchhusten (Pertussis) für Säuglinge. 2016 starben in Deutschland drei Babys an der Infektion. Der typischerweise langwierige trockene Husten wird vor allem nachts krampfartig. Die Infektion dauert in der Regel vier bis sechs Wochen. Nur im Frühstadium wirken Antibiotika.

Diphtherie

Das Diphtherie-Bakterium infiziert Haut oder Schleimhäute, kann sich aber auch im ganzen Körper ausbreiten. Es bildet ein gefährliches Gift, das Organe wie Herz, Niere und Leber dauerhaft schädigen kann. Dank hoher Impfraten tritt Diphterie in Deutschland nur noch selten auf. Damit das so bleibt, werden Impfungen weiter empfohlen.

Magen-Darm-Infekte

Besonders in Kindertagesstätten treten Magen-Darm- Infekte häufig auf. Meistens klingen die Symptome – Erbrechen, Übelkeit und Durchfall – genauso schnell wieder ab, wie sie gekommen sind. „Ein Krankenhausbesuch ist lediglich angebracht, wenn das Kind eine Wesensveränderung zeigt oder der Flüssigkeitsverlust zu hoch ist“, sagt Liese. Beschwerden können nur gelindert werden, eine ursächliche Behandlung ist nicht möglich. Von stopfenden Durchfallmedikamenten raten viele Ärzte ab, weil sie im Zweifel den Krankheitsverlauf noch verlängern. Neben regelmäßigem und richtigen Händewaschen könne Infekten nur vorgebeugt werden, indem man das Kind zu Hause lässt, sobald ein Krankheitsfall in der Kita bekannt geworden sei, rät Liese.

22000 Fälle von Keuchhusten wurden im Jahr 2016 registriert.

Kleiner Piks, große Wirkung

Millionen von Kindern wurden seit den Sechzigerjahren gegen Polio immunisiert, heute ist die Krankheit aus Europa verschwunden. Der Kampf gegen die Kinderlähmung gilt unter Experten als Musterbeispiel dafür, wie sinnvoll Impfungen sind. Damit auch andere Krankheiten wie etwa Masern oder Diphtherie den Kindern nicht gefährlich und im besten Fall ganz ausgerottet werden, raten Experten dazu, Kinder bereits frühzeitig impfen zu lassen.

Die ersten Impfungen sollten im zweiten Lebensmonat des Kindes erfolgen, rät das Robert-Koch-Institut (RKI) in Berlin. Die Ständige Impfkommission (STIKO) des Institutes empfiehlt zunächst Impfungen gegen Diphtherie, Keuchhusten, Tetanus, Polio und Hepatitis B, außerdem die Erreger des Haemophilus influenzae B können unter anderem eine schwere Gehirnhautentzündung verursachen.

Nur die Ruhe, liebe Eltern

Hohes Fieber bei einem Kind ist nicht immer gleich ein Fall für den Notarzt

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Wadenwickel können das Fieber senken – ein Zäpfchen ebenso. Eltern sollten vorbereitet sein. FOTO: FOTOLIA

Der Anblick eines kleinen Kindes, das vor Fieber glüht, treibt auch vielen Eltern die Schweißperlen auf die Stirn: Vor allem junge Väter und Mütter rufen dann schnell den Notarzt an. Das ist allerdings nicht immer notwendig. „In 90 Prozent der Fälle haben kranke Kinder Fieber, Durchfall oder Erbrechen aufgrund einer Infektion“, sagt etwa Prof. Günter Mau, Vorsitzender der Deutschen Gesellschaft für Kinderheilkunde (DGKJ) in Braunschweig. „Wir erleben es immer wieder, dass sich Eltern – vor allem Väter – beim Notdienst melden und ,Lebensgefahr’ in den Hörer rufen. Und wenn man dann fragt: ,Wie hoch ist das Fieber?’, heißt es: ,Weiß ich nicht, bei 38,5 habe ich aufgehört zu messen’“, berichtet der Kinderarzt Michael Zinke, Vorsitzender des Berufsverbandes der Kinder- und Jugendärzte in Hamburg.

Für die Einschätzung seien vor allem das Alter und das Befinden des Kindes wichtig. Bei einem Baby seien 39 Grad Fieber anders zu bewerten als bei einem größeren Kind, das alle Zeichen einer normalen Erkältung aufweist.

Eltern fiebernder Kinder sollten zunächst Wadenwickel machen oder ein fiebersenkende Zäpfchen geben, so die Experten. Wenn das Fieber nach zehn bis zwölf Stunden nicht runtergeht, muss auf jeden Fall der Arzt gerufen werden, sagt Kinderarzt Zinke. Auch wenn die Erkrankung länger als zwei Tage dauert, sollte ein Arzt aufgesucht werden. Wenn ein Kind sich häufig übergibt oder an starkem Durchfall leidet, sollten Eltern nach spätestens 24 Stunden zum Arzt gehen. Auch bei starken Schmerzen sollte nicht abgewartet werden.

Die Behandlung mit Medikamenten in Eigenregie ist eine Herausforderung. „Kinder sind keine kleinen Erwachsenen“, sagt die Apothekerin Christina Jäger aus Bremen. Sie vertragen nicht alle Wirkstoffe und nehmen diese anders auf als Erwachsene. Sogar pflanzliche Mittel bergen Gefahren. Ätherische Öle, wie etwa Menthol oder Kampfer, können bei Kleinkindern zum Atemstillstand führen.

90 Prozent der Krankheitsfälle bei Kindern gehen auf eine Infektion zurück. 

Essen im Biorhythmus

SPRECHSTUNDE INGO FROBÖSE

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Die innere Uhr bestimmt seit Urzeiten den Lebensrhythmus. Nicht zu verkennen ist jedoch auch der Einfluss und Effekt der unsichtbaren Uhr auf das tägliche Essverhalten. So sollte man morgens, spätestens zwei Stunden nach dem Aufstehen, ein Frühstück mit viel Energie, das heißt Kohlenhydrate und etwas Fett, zu sich nehmen. Mittags steht eine bunte Vielfalt auf dem Speiseplan, bestehend aus Gemüse oder Obst. Das abendliche Essen muss eiweißhaltig sein. Denn in der Nacht stehen Reparaturprozesse des Organismus an, durch die im Eiweiß enthaltenen Aminosäuren wird der Organismus unterstützt.

Alle vier bis fünf Stunden verlangt der Körper nach Energie. Dieser Rhythmus sollte eingehalten werden. Durch kleine Snacks zwischendurch wird der Verdauung keine Pause gegönnt und auch Gewichtszunahme begründet. Sich gesund zu ernähren, setzt voraus, dass wir dem Biorhythmus des Essens folgen.

Prof. Dr. Ingo Froböse ist Leiter des Instituts für Bewegungstherapie und bewegungsorientierte Prävention und Rehabilitation an der Deutschen Sporthochschule Köln.

Meditation und Achtsamkeit

UNSERE LEICHTESTE ÜBUNG

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Meditation bedeutet, sich mit sich selbst und dem, was man tut, zu verbinden. Anleitung: Mit gekreuzten Beinen auf ein Kissen setzen. Dabei gerade aufrichten und die innere Achse visualisieren: Sie verläuft von der Mitte des Beckens durch den Bauch- und Brustraum bis hoch zum Scheitelpunkt. Diese innere Achse gibt Halt, sodass der Körper entspannen kann. Augen schließen, Schultern sinken lassen, die Achse strebt nach oben. Das Online-Yogastudio YogaEasy. de zwei Wochen kostenlos testen:

PAVK

DAS SAGT DER ARZT

Ein Schmerz, der vor allem beim Gehen oder Treppensteigen in den Beinen auftritt und zu regelmäßigen Pausen zwingt, kann ein Hinweis auf die sogenannte „Schaufensterkrankheit“ sein, ein arterieller Verschluss meist in den Beinen durch Kalkablagerungen.

Hätten Sie’s gewusst?

Die tägliche Salzaufnahme liegt bei Frauen bei 8,4 Gramm und bei Männern bei 10 Gramm – empfohlen sind fünf Gramm.