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20 Jahre Bundesliga 1997-2017

Viermal zittern und 20 Minuten 2. Liga

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VfL-Retter 2006: Cedrick Makiadi. Reuters  

20 Jahre, 20 Geschichten: Die AZ/WAZ-Serie zum Bundesliga-Jubiläum des VfL (13): Die Fast-Abstiege 

Auweia: 1998, 2006, 2007 und 2011 – viermal war es in 20 Jahren Bundesliga in Sachen Klassenerhalt für den VfL mindestens so dramatisch wie in der laufenden Saison. Immer hieß es für den Wolfsburger Fußball-Bundesligisten: zittern bis kurz vor Schluss. Schlimm war es 2006 und 2011, als die Rettung erst am letzten Spieltag klargemacht wurde. Und einmal stand Wolfsburg dabei schon für 20 Minuten mit mehr als einem Bein in der 2. Liga. Makiadi wird zum Retter Die Ausgangslage vor dem 34. Spieltag der Saison 2005/06 war klar: Sollte der VfL sein Heimspiel gegen den 1. FC Kaiserslautern verlieren, würde das den Abstieg aus dem Oberhaus bedeuten. Mit dem MSV Duisburg und dem 1. FC Köln standen zwei Absteiger schon vorher fest. Nach 20 Minuten drohte das Horrorszenario einzutreten. Halil Altintop brachte die Gäste mit 1:0 in Führung. Mit diesem Spielstand gingen beide Mannschaften in die Halbzeitpause.

20 Jahre Bundesliga 1997-2017

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2011: VfL-Stürmer Mario Mandzukic (h.) traf am letzten Spieltag beim 3:1 des VfL bei 1899 Hoffenheim doppelt. Imago Sven Simon/07902752 

Dann sorgte Wolfsburgs Trainer Klaus Augenthaler für eine dicke Überraschung. Für die zweite Hälfte schickte er für Hans Sarpei den bis dato wenig in Erscheinung getretenen Cedrick Makiadi ins Rennen – und der Deutsch-Kongolese sollte zum VfL-Retter werden. Mike Hanke verlängerte einen Einwurf per Kopf, Diego Klimowicz verpasste in der Mitte, doch hinter ihm stand Makiadi völlig frei und netzte zum 1:1 ein. Nur drei Minuten später machte Wolfsburg den Deckel auf den Klassenerhalt – und wieder war Makiadi maßgeblich beteiligt. Hanke leitete einen Konter ein und schickte Makiadi auf die Reise. Der Mittelfeldmann spielte den Ball mustergültig zu Klimowicz, der aus kurzer Distanz einschob. Nach dem 2:2-Ausgleichstreffer durch Marcel Ziemer zehn Minuten vor Schluss kam noch einmal Spannung auf, doch der VfL brachte das Ergebnis nach Hause und machte den Klassenerhalt perfekt.

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2007: Christopher Lamprecht traf am vorletzten Spieltag beim 2:2 in Aachen – der VfL-Klassenerhalt war geschafft. Foto: Roland Hermstein 
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1998: Marijan Kovacevic (traf doppelt) und der VfL machten am 31. Spieltag mit einem 2:2 in Duisburg den Klassenerhalt klar. 
Imago PresseFoto Baumann / 09629565  

Zeitweise zweitklassig

Punktgleich mit Borussia Mönchengladbach (auf Relegationsplatz 16) und einen Zähler vor Eintracht Frankfurt (auf Rang 17) ging der VfL als Viertletzter in den letzten Spieltag der Saison 2010/11 bei 1899 Hoffenheim – und stand für 20 Minuten mit einem Bein in Liga 2. Zur Halbzeit stand es 0:0, genau wie zwischen Dortmund und Frankfurt. Gladbach führte beim Hamburger SV mit 1:0 und beförderte die Wolfsburger auf Rang 16. Kurz nach Wiederanpfiff sorgte Roberto Firmino für die Hoffenheimer Führung. Am Tabellenplatz änderte das nichts. Doch dann brachte Sebastian Rode die Eintracht beim BVB in Front – der VfL rutschte auf Platz 17 ab. In der 60. Minute traf Mario Mandzukic zum 1:1. Wäre zu diesem Zeitpunkt Schluss gewesen, wäre der VfL abgestiegen. Der eine Punkt hätte nicht gereicht. Dann konnten die Wolfsburg-Fans ein wenig aufatmen, als Lucas Barrios für Dortmund den Ausgleich erzielte. Damit kletterte der VfL auf Rang 16. Und dann ging alles ganz schnell: Der HSV kam duch Änis Ben-Hatira zum 1:1. Wenig später trafeb Mandzukic und Grafite zum 3:1-Endstand für den VfL. Ein Eigentor von Frankfurts Marco Russ sowie das 1:1 zwischen Hamburg und Gladbach sorgten für den direkten Klassenverbleib 2011 – das war eng.

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So wurde 2011 gejubelt: VfL-Torjäger Grafite blieb am Ende nur noch die Unterhose... DPA 
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Und so war es 2007: Die VfL-Torhelden Diego Klimowicz (r.) und Christopher Lamprecht (M.) mit Marcelinho. Imago Fishing 4 / 02832011 

Ganz so lange zittern musste der VfL in den anderen beiden knappen Jahren nicht. In der ersten Saison nach dem Aufstieg in die 1. Liga war der Nicht-Abstieg am 31. Spieltag sicher. Das 2:2 beim MSV Duisburg reichte den Wolfsburgern, weil die Konkurrenz die VfL-Niederlagen an den Spieltagen 32 (1:4 gegen Dortmund), 33 (0:4 gegen Kaiserslautern) und 34 (0:2 gegen Mönchengladbach) nicht nutzen konnte. Am Ende landete der Bundesligist mit 39 Punkten auf Rang 14 – der Abstiegsplatz 16 war nur einen Zähler entfernt.

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Und so war es bislang 2017: Mario Gomez (M.) ist die VfL-Lebensversicherung, doch noch haben die Wolfsburger den Klassenerhalt nicht geschafft. Imago MIS / 27849197

Etwas knapper war es 2007: Am vorletzten Spieltag musste der VfL zu Alemannia Aachen. Durch die Tore von Matthias Lehmann und Szilard Nemeth gingen die Gastgeber Mitte der zweiten Halbzeit in Führung. Doch Christopher Lamprecht und Klimowicz sorgten mit ihren späten Treffern in den Minuten 83 und 85 für das 2:2 und somit für den Klassenerhalt. Dass die Wolfsburger am letzten Spieltag mit 0:2 gegen Werder Bremen verloren, spielte keine Rolle mehr.

Nächsten Mittwoch: Die Manager


In dieser Woche vor 20 Jahren 

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Nur 1:1! VfLer Piotr Tyszkiewicz (l.) blieb gegen Zwickau torlos. 
Imago Rust/06548451

Wolfsburg und die Kellerkinder – es bleibt eine problematische Beziehung. Zumindest in diesen Wochen, zumindest für den VfL. Mit dem FSV Zwickau wartet am 18. April 1997 zum dritten Mal in Folge ein Team aus der Zweitliga-Abstiegszone. im Grunde eine perfekte Gelegenheit für die Grün-Weißen, sich am eigenen Kragen aus dem kleinen Zwischentief zu ziehen. Doch wie schon gegen den VfB Oldenburg (2:2) und beim VfB Lübeck (0:0) misslingt der ersehnte Befreiungsschlag.

Sehr zum Unmut von VfL-Trainer Willi Reimann: „ich bin maßlos enttäuscht.“ Vom mickrigen 1:1 gegen abstiegsbedrohte Sachsen, vom Absturz auf Rang vier. Beides hat seine Gründe.

Zum einen wären da die verletzungsbedingten Ausfälle von Leistungsträgern wie Matthias Maucksch oder Jens Keller, zum anderen aber auch die Harmlosigkeit vor dem gegnerischen Tor. Oder anders ausgedrückt: Wolfsburg braucht mehr Chancen, um Tore zu schießen, als andere Vereine. Auch Stürmer Piotr Tyszkiewicz setzt seine vollmundige Ankündigung („in diesem Spiel mache ich wieder ein Tor!“) nicht in die Tat um.

Dafür springt Mathias Stammann in die Bresche. Sechs Minuten nach Zwickaus 1:0 durch Steffen Menze (70.) gleicht Wolfsburgs Mittelfeldspieler ebenfalls mit dem Kopf aus. Kurz darauf vergibt Stammann freistehend eine weitere Chance, wäre so fast vom Punktgaranten zum Matchwinner avanciert. Und hätte damit immer wiederkehrenden Gerüchten entgegentreten können.

Laut denen will der VfL den Erstliga-Aufstieg eigentlich gar nicht. „Das ist Quatsch!“, stellt Manfred Aschenbrenner klar. Der Chef der Lizenzfußballer weiter: „Keiner spielt absichtlich schlecht. Wir wollen aufsteigen!“

„Sowas habe ich nicht noch einmal erlebt“ 

Von 2004 bis 2009 spielte er für den VfL, doch seinen richtigen Durchbruch schaffte Cedrick Makiadi erst 2006. Unvergessen ist seine Energieleistung beim 2:2 gegen den 1. FC Kaiserslautern, das den Wolfsburgern am letzten Spieltag den Klassenerhalt bescherte. 

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2006 hatten Sie mit einem Tor und einer Vorlage beim 2:2 gegen Kaiserslautern maßgeblichen Anteil am Klassenerhalt des VfL. Wie sind ihre Erinnerungen an diese Partie?

Das war das Spiel der Spiele, sozusagen das Finale, um in der Liga zu bleiben. Das war für uns alle eine große Sache. Am Ende haben wir gefeiert, als hätten wir eine Trophäe gewonnen.

Sie wurden zur Halbzeit eingewechselt. Was ging Ihnen da durch den Kopf?

Die Anspannung war schon etwas anders, weil man wusste, es gibt kein nächstes Spiel mehr. Nach dem 0:1-Rückstand denkt man: Jetzt bist du weg. Man fragt sich, wie es weitergeht? Auf dem Weg zur Toilette hat mir der Trainer gesagt, dass er mich einwechseln möchte. Ich war eigentlich recht entspannt.

Und dann erzielen Sie plötzlich den 1:1-Ausgleichstreffer...

Ja, das waren Emotionen pur. Die Zuschauer, Mitspieler und ich haben auf den Ausgleich hingefiebert. Dann ist eine große Last von uns abgefallen. Sowas habe ich nicht noch einmal erlebt.

Vorher hatten Sie beim VfL keine allzu große Rolle gespielt. War dieses Ereignis eine Art Sprungbrett?

Ich würde sagen, nicht nur das Spiel, sondern ab dem Zeitpunkt, als Klaus Augenthaler Trainer wurde. Unter Holger Fach habe ich nur selten gespielt. Aber dieses 2:2 war die Bestätigung für mich selbst und hat mir viel Selbstvertrauen gegeben.

Ein Jahr später war es im Abstiegskampf noch mal eng, 2011 ebenfalls. Welche Erinnerungen haben Sie daran?


2007 wussten wir, dass wir in Aachen alles klar machen mussten, weil am letzten Spieltag ein schwerer Gegner kam. Am Ende haben wir es irgendwie geschafft (lacht). 2011 habe ich nur von außen mitbekommen, weil ich schon in Freiburg gespielt habe. Aber ich habe mich sehr für den VfL gefreut.