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City Magazin Wolfsburg - Herbst 2018

Altes Amtsgericht erstrahlt wieder in neuem Glanz

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Das einstige Amtsgericht am Hofekamp beeindruckt mit monumentalem Charakter.

Wenn alte Häuser reden könnten, hätten sie viel zu erzählen: Geschichten aus der Geschichte. In der Hoffmannstadt Fallersleben sind viele historische und denkwürdige Gebäude erhalten geblieben. Etliche von ihnen erstrahlen nach aufwendigen Restaurierungs- und Sanierungsarbeiten als Zeugen vergangener Zeiten in neuem Glanz und machen den besonderen Charme Fallerslebens aus. Überaus repräsentativ und schöner als je zuvor präsentiert sich seit März nach über dreijähriger und 1,4 Millionen schwerer Generalsanierung das einstige Amtsgericht am Hofekamp. Zeit seines Bestehens war es als zentrale Behörde dieses Bezirks zuständig für 30 Dörfer.

Vor Ort in Fallersleben

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Doch die Einwohnerzahl Wolfsburgs wuchs so rasant, dass die Stadt nach der Gebietsreform und der Eingemeindung Fallerslebens auch die Bildung eines neuen Amtsgerichtsbezirks – verbunden mit dem Bau eines entsprechend größeren neuen Amtsgerichts – beantragte. Das eindrucksvolle Gebäude in Fallersleben mit teilweise monumentalem Charakter, in dem ursprünglich Gerichtsverhandlungen geführt und Urteile gesprochen wurden, erhielt 1987 eine neue, repräsentative Bestimmung.

„Sowohl alle, die in diesem Hause ihren Arbeitsplatz haben, wie auch unsere Bürgerinnen und Bürger mussten währenddessen große Beeinträchtigungen im Arbeitsalltag wie im Service hinnehmen.“

Bärbel Weist

Es wurde Verwaltungsstelle für Fallersleben, dient der Stadt Wolfsburg als Außenstelle der Meldeamts, der Kfz-Zulassungsstelle und als Standesamt. Auch das Büro der Ortsbürgermeisterin ist hier zu finden. Im ersten Obergeschoss hat die Stadtteilbibliothek ihr Domizil. Und im Dachgeschoss ist das Büro des Bodendenkmalpflegers/Grabungstechnikers untergebracht. Weitere Räume werden als Lager genutzt.

Zahn der Zeit hatte unaufhaltsam genagt

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„In jedem Haus mit regem Publikumsverkehr machen sich natürlich über die Jahre Gebrauchs- und Abnutzungsspuren bemerkbar. Wenn Modernisierungs- und Werterhaltungsmaßnahmen aus finanziellen Gründen nicht regelmäßig auf der Agenda stehen können, weil es ja auch noch andere Objekte gibt, nagt der Zahn der Zeit unaufhaltsam. Das hat natürlich zur Folge, dass es irgendwann zum Reparaturstau kommt – so wie wir es bei unserem Alten Amtsgericht erleben mussten“, erklärt Ortsbürgermeisterin Bärbel Weist. Der Ortsrat habe daraufhin bei der Stadtverwaltung massiven Druck gemacht und eine Prüfung erwirkt, deren Ergebnis letztlich keinen Aufschub einer Generalsanierung mehr duldete.

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Bärbel Weist zählt auf: „Schon in den Fluren wurden die Besucher von einem armseligen Sammelsurium zusammengewürfelter, abgenutzter Möbel mit dem ‚Charme’ der 50er-Jahre verschreckt. Noch viel schlimmer die Toiletten: Uralte WC- und Waschbecken, Rohre und selbst die Türen machten den Gang zum ‚stillen Örtchen’ zum Negativerlebnis schlechthin. Die Küche mit fleckigen Wänden und schrottreifem Inventar ein einziges Desaster. Und durch das morsche Holz der alten Fensterrahmen hätte man mühelos mit bloßem Finger ein Loch bohren können. Es war also allerhöchste Zeit, hier was zu tun. Im Zuge der Komplettsanierung für den Innenbereich, inklusive Dachreparatur, Wärmedämmung, Brandschutzmaßnahmen und Fassadenanstrich wurde zudem eine barrierefreie Erschließung des Gebäudes über die Südseite in Verbindung mit dem Einbau eines Aufzugs mit Haltestellen vom Kellergeschoss bis ins Obergeschoss zu einem außerordentlich wichtigen Thema. Tiefe Risse und abgeplatzte Steine machten mithin auch die Sanierung der imposanten Freitreppe unumgänglich.“

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Ortsbürgermeisterin Bärbel Weist freut sich: Sämtliche Räume im Alten Amtsgericht strahlen heute zeitgemäßen Charme aus.

Generalsanierung war unumgänglich

Im März 2012 stand letztlich das komplette Sanierungskonzept, für dessen Umsetzung die Stadt Wolfsburg 1,4 Millionen Euro einplanen musste. Um die umfangreichen Maßnahmen voranzutreiben, machte Oberbürgermeister Klaus Mohrs das Projekt gar zur Chefsache und half sogar eigenhändig am 29. November 2014 beim Auszug der Verwaltungsstelle in ein Container Übergangsquartier. 

Ein Jahr sollte ursprünglich für die Generalsanierung des Alten Amtsgerichts reichen, letztlich hat alles deutlich länger gedauert. Erst im Februar/März 2018 waren die letzten Handwerkerarbeiten abgeschlossen. „Sowohl alle, die in diesem Hause ihren Arbeitsplatz haben, wie auch unsere Bürgerinnen und Bürger mussten währenddessen große Beeinträchtigungen im Arbeitsalltag wie im Service hinnehmen. Unser beliebtes Trauzimmer war zum Beispiel fast zwei Jahre lang geschlossen. Die Kfz-Zulassungsstelle war vorübergehend gänzlich ausgesiedelt, die Bürgerdienste arbeiteten im Container und die Bücherei war zeitweise ganz geschlossen. Ich selbst habe so manche Bürgermeister- Sprechstunde bei mir zu Hause durchgeführt“, erklärt Bärbel Weist.

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Standesbeamtin Michaela Brinschwitz im neu gestalteten Trauzimmer.

Lob und Begeisterung von allen Seiten

Doch wie heißt es so schön: Was lange währt, wird gut. Und das Ergebnis kann sich sehen lassen, findet auch bei den Fallerslebern nichts als Begeisterung und lobende Worte. „Viele Leute kamen auch gleich zum Tag der offenen Tür, um das respektable Ergebnis selbst in Augenschein zu nehmen“, freut sich Bärbel Weist und ist selbst außerordentlich zufrieden. 

Was die Generalsanierung zu einer ganz besonderen Herausforderung machte, war natürlich der Einbau des Aufzugs mit Haltestellen vom Keller- bis ins Obergeschoss, denn: Bei den Abbrucharbeiten für den Aufzugsschacht stießen die Bauarbeiter auf den sogenannten blauen Beton – extrem hart und dick, wie er bei Bunkeranlagen anzutreffen ist. Zudem waren durch den Aufzugs-Einbau diverse Raumverschiebungen in den einzelnen Etagen notwendig. Doch das ist nun endlich Schnee von gestern. Moderne Sanitäranlagen, neue Anstriche an Wänden und Decken, neue Bodenbeläge in sämtlichen Räumen – im Wartebereich für die Melde- und Zulassungsstelle sogar als aus Naturstein – und natürlich eine zeitgemäße Möblierung haben der Verwaltungsstelle Fallersleben ein besucherfreundliches Erscheinungsbild gegeben.

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Tolles Ambiente für den Start ins Eheglück

Über das neu gestaltete Trauzimmer freuen sich vor allem Verwaltungsstellenleiter Sascha Ehrhoff und seine Stellvertreterin, Michaela Brinschwitz, die beide zugleich auch Standesbeamte sind und etwa 120 Trauungen jährlich zelebrieren. Brinschwitz: „Standesbeamtin ist für mich die schönste Aufgabe, die mir mein Dienstherr übertragen hat. Immer mehr Paare, die sich zum Beispiel nicht kirchlich trauen lassen, kommen mit gewachsenen Ansprüchen zu uns. Nun stimmt auch das Ambiente in diesem Haus wieder für den Start ins Eheglück. Und die neugestaltete Freitreppe vor dem altehrwürdigen Portal ist natürlich eine Traumkulisse für jedes Hochzeitsfoto.“

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Behaglichkeit in der Stadtteilbibliothek

Auch Bürgermeisterin Bärbel Weist fühlt sich in ihrem Büro – dem ehemaligen Wachtmeister-Zimmer (im übrigen das kleinste Zimmer im ganzen Haus) sehr wohl. Mit einem Schmunzeln fügt sie hinzu: „Es gibt natürlich noch drei deutlich kleinere Räume in diesem Objekt, aber die bestehen völlig außer Konkurrenz: die alten Gefängniszellen im Keller. Unser Kultur- und Denkmalverein hat sich dafür eingesetzt, sie mit musealem Charakter der Nachwelt zu erhalten. Und ganz ehrlich: Gemütlich war es da unten bestimmt nicht. Doch wahrscheinlich interessieren sich gerade deshalb viele Menschen für einen Besuch der Arrestzellen. Deshalb planen wir, das frühere Gefängnis in die Stadterlebnisführungen des Kultur- und Denkmalvereins einzubeziehen.“

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Wesentlich behaglicher ist es dagegen in den großzügigen und neu gestalteten Räumlichkeiten der Stadtteilbibliothek im ersten Obergeschoss. Große und kleine Leseratten ließen sich gar nicht lange bitten, ihre Bücherei nach der langen, sanierungsbedingten Schließung wieder in Beschlag zu nehmen. Und wer schon mal ein bisschen probeschmökern möchte, lässt sich hier nur zu gern in einer der kleinen Sitzgruppen nieder und vergisst schon mal ganz schnell die Zeit.

Nur noch die alte Mauer an der Ostseite

Bärbel Weist resümiert: „Unser Altes Amtsgericht und die dazugehörigen Außenanlagen mit Springbrunnen, Blumenbeeten und Bänken sind im Ensemble ein Schmuckstück geworden. Umso mehr fällt nun auf: In einem ziemlich traurigen Zustand befindet sich noch die an der Ostseite, zur Hoffmannvon- Fallersleben-Straße gelegene Mauer. Die einhellige Meinung des Ortsrats dazu: Es muss doch möglich sein, die Sanierung dieser Mauer noch in diesem Jahr vorzunehmen. Dann ist das gesamte Projekt wirklich rundum gelungen.“ (bc)