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Samtgemeinde Meinersen

Dem Außergewöhnlichen eine Chance geben

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Dezent lädt der gebürtige Hanseat zum zehnjährigen Jubiläum seiner Stiftung auf sein Anwesen in Meinersen ein.

Wenn Bill Gates, Mark Zuckerberg oder Jeff Bezos einen überschaubaren Teil ihres Vermögens in selbst gegründete wohltätige Einrichtungen stecken, zitieren US-Amerikaner gern ihren Landsmann und Literaturnobelpreisträger Sinclair Lewis: „Die meisten Stiftungen reicher Leute sind der Ausdruck tätiger Reue“, sagte dieser. So tief sitzt der Argwohn der Deutschen gegenüber ihren Vermögenden nicht, und das nicht nur in Ermangelung von IT-Tycoons. Deutsche Stiftungsgründer sind oft ganz nah dran an den Begünstigten, für die und deren Sache sie sich nicht selten auch persönlich engagieren. Das triff t zum Beispiel auf die Bösenberg-Stiftung mit Sitz in Meinersen zu. Sie erklärt im § 2 ihrer Satzung: „Zweck der Stiftung ist die Förderung der Kunst und der Jugendentwicklung und Hilfe bei besonderen sozialen Härten“, zum Beispiel durch die „Unterstützung kunstfördernder gemeinnütziger Einrichtungen wie das Künstlerhaus Meinersen“, wie es dort weiter heißt.Offen für UngewöhnlichesSeit Gründung der Stiftung sind inzwischen zehn Jahre vergangen, und Dirk Bösenberg, erster Vorsitzender, und seine Ehefrau Irmgard, stellvertretende Vorsitzende, können gemeinsam mit dem Vorstand auf eine beachtliche Bilanz verweisen. „Zur Förderung der Kunst hat die Stiftung zwischen 2008 und 2018 insgesamt 15 Projekte mit 19 Künstlern gefördert, sechs davon mit einem circa einjährigen Stipendium im Künstlerhaus Meinersen“, fasst Dirk Bösenberg die Förderaktivitäten im künstlerischen Bereich zusammen. „Zur Jugendhilfe in Verbindung mit der Kunstförderung wurden mit dem Sybilla-Merian-Gymnasium drei Projekte gefördert sowie der Ankauf eines 3-D-Druckers. Die Hauptschule erhielt eine Starthilfe zur Gründung eines Schulorchesters. Und der Gemeinde Meinersen wurde ein Nebengebäude zur Errichtung einer Fahrradwerkstatt für Flüchtlinge zur Verfügung gestellt“, ergänzt Irmgard Bösenberg.

Die Bösenberg-Stiftung verhilft Meinersen zu einem Prädikats-Siegel


Mut zur Nonkonformität

Die Tatsache, dass die Bösenberg-Stiftung auch Stipendiaten des Künstlerhauses Meinersen förderte, deutet allerdings nicht auf einen separaten, eigenen Weg gegenüber der Vergabe der Künstlerhaus-Stipendien hin. „Über die jungen Künstler, die in den Meinerser Atelierräumen für rund ein Jahr leben und arbeiten, entscheidet eine hochkarätig besetzte Jury des Künstlerhauses, die Finanzierung dieser Projekte sichert ein Stiftungsverbund des Landkreises. Unser Beitrag kann die künstlerische Vielfalt nur ein wenig erweitern“, erklärt Dirk Bösenberg. Diese Bescheidenheit scheint ein wenig unangemessen, denn Künstler wie die Dänin Nana Bastrup und der Russe Matvey Slavin sorgten schon zuvor in Hamburg für Furore, bevor sie dank der Bösenberg-Förderung in Meinersen einzogen. Auch Fabian Hesse kam in den Genuss der Unterstützung, weil er als 3-D-Druck-Bildhauer bereits eine völlig neue Tür in der Kunstszene aufstieß. Xiomara Bender konnte mit Bösenberg-Mitteln als eine der ersten westlichen Fotografinnen Nordkorea „von hinten“ fotografieren und ihre Arbeit exklusiv, also der Welt zuerst in Meinersen, präsentieren.

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Nach Jahren zurück in Meinersen

Die Liste der Ausnahmekünstler ließe sich zum Beispiel durch Videoprojekte oder Bilderzyklus-Arbeiten über Meinersen und Umgebung verlängern.Doch so lückenhaft die Auflistung, so unvollständig ist auch die Besucherliste zum zehnjährigen Jubiläumstreffen der Bösenberg-Stiftung. „Wir lagen mit unseren Einschätzungen nicht ganz falsch. Was kann es für eine schönere Absage an die Teilnahme an unserer Feier geben als zum Beispiel die Begründung einer eigenen Ausstellungseröffnung in Stockholm?“, fragt Dirk Bösenberg.

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Zeit für das Wiedersehen zur Jubiläumsfeier nahm sich auch Johanna Silbermann, die 2012 für ein Jahr zum künstlerischen Arbeiten und Wohnen nach Meinersen kam. „Heute weiß ich, was für ein Privileg es war, dieses Stipendium bekommen zu haben. So einen künstlerischen Freiraum gibt es heute in ganz Deutschland kaum noch. Mir hat es geholfen. Ich habe heute mein eigenes Atelier in Berlin“, erzählt Johanna Silbermann im Kreis der Jubiläumsgäste.

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Gut behütete Kunst in Meinersen: Dirk Bösenbergs Stiftung fördert mit sicherem Instinkt.

Suche nach neuen Ufern

Ebenfalls aus Berlin angereist ist Josephin Hanke alias Shotgirl. Gemeinsam mit ihrem Partner Lukas Liese alias DJ Sicherheit performt die diplomierte Bildhauerin unter dem Titel „Heavy Rotation“ eine Kunst, die so vergänglich ist wie ein Konzert oder ein Theaterbesuch. Im sozialen Netzwerk Instagram lädt das künstlerische Duo, durch und durch schrill gestylt, zwei bis drei Gäste zu einer rundum inszenierten, eineinhalb Stunden dauernden musikalischen Autotour durch die Bundeshauptstadt ein.

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© Photowerk (4)

„Bis auf das Thema der Performance wie Pathos, Hass, Geld, Liebe, Putzen oder Freundschaft verraten wir nichts, jede Tour mit ihren passend ausgewählten Locations ist ein einzigartiges Abenteuer, bei dem die Teilnehmer nicht Objekt, sondern Subjekt der Inszenierung sind“, erklärt Josephin Hanke. „Ganz so flüchtig sind die Adventures nicht“, verrät Dirk Bösenberg, „die zum Teil mit On-Board-Kameras dokumentierten Trips werden die beiden Künstler bei uns in Meinersen vorstellen. Das Besondere daran: Wir präsentieren damit bundesweite Avantgarde“, freut sich der Stiftungsgründer. Weiter so. (jv)