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Samtgemeinde Boldecker Land

Ein Gewinn für die Kinder

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Zu Beginn seiner beruflichen Laufbahn hat Heinz-Werner Kemmling, der ehemalige Leiter der GS Mühlenbergschule Osloß, einen Kindergarten in Göttingen geleitet. „Das war damals neu und es war für viele Menschen gewöhnungsbedürftig, dass ein Mann im Kindergarten arbeitet, noch dazu als Leiter“, erinnert sich Kemmling. Obwohl er sich anders orientierte, ein Lehramtsstudium absolvierte und in den Schuldienst wechselte, hat ihn das Thema Kindergarten weiterhin interessiert. So hat ihm z. B. die Art und Weise, wie die Sprachförderung von den Schulen in die Kindergärten verlagert wurde, nicht gefallen. „Einerseits hört man von der Politik, dass es nicht genügend Fachkräfte gibt. Andererseits wirft man ihnen vor, dass das, was sie gelernt haben, nicht ausreicht – dabei haben Erzieherinnen und Erzieher eine staatliche Ausbildung genossen. Man schiebt ihnen also den Schwarzen Peter zu. Das hat mich verärgert”, sagt der erfahrene Pädagoge.

Oslosser Pädagoge entwickelt wegweisendes Projekt

SUCHE NACH LÖSUNGEN

Dieser Ärger hat ihn allerdings auch motiviert, nach Möglichkeiten zu suchen, wie Sprachförderung mit einfachen – auch musischen –Mitteln in der Praxis umgesetzt werden könnte. Herausgekommen ist bei seinen Überlegungen das Projekt WEMP, die Abkürzung steht für „Werkstatt für elementare Musikpädagogik“. Die Erfahrungen aus seiner Zeit als Kindergartenleiter und später als Pädagoge sowie seine Tätigkeit als Komponist haben dabei eine wesentliche Rolle gespielt. Die Aufgaben und Ziele seines Projektes definiert Kemmling so: „WEMP ist eine Begegnungsstätte für Erzieherinnen und Erzieher. Es funktioniert als Ideenbörse, in der gesammelt wird, was bereits vorhanden ist. Gleichzeitig soll hier ein Informations- und Erfahrungsaustausch stattfinden“, erklärt Kemmling. Die gesammelten Ideen und Erfahrungen werden in Ordnern gesammelt und geordnet; sie sollen in jeder Einrichtung und für jede Erziehungskraft zur täglichen Vorbereitung und praktischen Umsetzung verfügbar sein. Eine Materialsammlung mit Instrumenten, Büchern und Medien zum Ausleihen komplettiert das Angebot.

PRAXISBEGLEITENDE FORTBILDUNGSANGEBOTE

Um die ganze Spannbreite der elementaren Musikpädagogik nutzen zu können, sind praxisbegleitende Fortbildungsangebote vorgesehen. Dafür hat Kemmling die vier Module Rhythmik, Instrumentenbau, Sprache/Sprachförderung und Musiktheater entwickelt. Für jedes Modul gibt es einen Studientag, der elementare Informationen vermittelt und grundlegende Übungsteile mit zunehmendem Schwierigkeitsgrad beinhaltet. Darüber hinaus werden hier Modelle zu Fragen der altersgemäßen praktischen Umsetzung erarbeitet. In anschließenden Treffen ergänzen Erfahrungsaustausch oder neue Aspekte die Studientage. „Diese Fortbildungen haben nicht nur einen fachlichen Aspekt, sie sollen die Erziehungskräfte auch ermutigen, das Gelernte in der täglichen Praxis umzusetzen“, erklärt der Erfinder des Projekts. Als stellvertretender Vorsitzender des Landesverbandes Norddeutschland des Deutschen Komponistenverbandes (DKV) und der Jeunesses Musicales Deutschland (JMD), Landesverband Niedersachsen (JMN), gehört er den jeweiligen Bund-Länder-Konferenzen an. Dort präsentierte er sein Konzept der WEMP als Projekt beider Verbände und stieß damit auf großes Interesse.

Es hat dann immerhin noch drei Jahre gedauert, bis das Projekt an den Start gehen konnte. Denn die Samtgemeindebürgermeisterin hatte dazu geraten, wichtige Entscheider mit ins Boot zu holen und sich um Fördergelder zu bemühen. Beides gelang und nun ist in der Samtgemeinde Boldecker Land und in der Samtgemeinde Brome, die sich ebenfalls beteiligt, mit WEMP ein neues Kapitel aufgeschlagen worden.

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Samtgemeindebürgermeisterin Anja Meier unterstützt Kemmlings Projekt.

VON DER THEORIE ZUR PRAXIS

„Musik ist zwar in der Ausbildung der Erziehungskräfte für Krippen und Kindergärten vorgesehen, oft kann das Fach aber nicht oder nicht ausreichend gelehrt werden. Weil die entsprechenden Lehrkräfte fehlen oder der Stellenwert nicht erkannt wird“, ist Heinz-Werner Kemmling überzeugt. „Statt zu lamentieren und abzuwarten, habe ich deshalb einen Vorstoß gewagt und mich mit meiner Idee an unsere Samtgemeindebürgermeisterin Anja Meier gewandt. Sie war sofort begeistert und hat zugesagt, die Sache anzupacken. Ohne sie hätte ich hier nichts erreichen können.“

„WEMP ist eine Begegnungsstätte für Erzieherinnen und Erzieher. Es funktioniert als Ideenbörse, in der gesammelt wird, was bereits vorhanden ist.“

Heinz-Werner Kemmling

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EIN AUSBLICK

Dass sein Konzept überzeugt hat und auch im Rat der Samtgemeinde äußerst positive Reaktionen auslöste, freut den Initiator natürlich. Und er kann sich vorstellen, dass WEMP nicht nur in den beiden beteiligten Samtgemeinden, sondern auch überregional auf Interesse stößt. „Durch die Fördermittel wachsen natürlich unsere Möglichkeiten, beispielsweise in der berufsbegleitenden Ausbildung. Beim DKV und bei JMD haben Kollegen aus anderen Bundesländern, die sich ebenfalls mit dieser Thematik befassen, ihr Interesse an WEMP bekundet“, berichtet Kemmling. Durchaus möglich also, dass ein Projekt mit Modellcharakter aus dem Boldecker Land im wahrsten Sinne des Wortes Schule macht und zum Standard in immer mehr Krippen und Kindergärten in Deutschland wird.