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Samtgemeinde Wesendorf

Fast wie in alten Zeiten

Fast wie in alten Zeiten

Das Spinnen der Wolle war aber längst nicht die einzige Funktion der Spinnstube: Für die Frauen war sie Nachrichtenbörse und Ort der Geselligkeit mit Musik, Gesang und gemeinsamen Spielen. Die jungen Männer des Ortes ließen es sich selbstverständlich nicht nehmen, die Mädchen in der Spinnstube zu besuchen – um Schabernack zu treiben und anzubandeln. Der Obrigkeit, speziell der kirchlichen, war das Treiben in den Spinnstuben ein Dorn im Auge und zeitweise wurden sie streng überwacht oder sogar verboten.Das sei heute natürlich ganz anders, sagt Nina Feith, die Leiterin der Gr. Oesinger Spinnstube. „Wir machen das, weil es Spaß macht und weil es schade wäre, wenn dieses alte Handwerk in Vergessenheit geraten würde. Und wir reden natürlich über alles, was im Dorf so los ist – wir wissen alles!“, erklärt sie mit einem Augenzwinkern und lacht.Eine gesellige Runde

Wenn im Herbst und Winter die Feldarbeit ruhte, trafen sich die unverheirateten jungen Frauen auf den Dörfern in der Spinnstube. Hier wurde Wolle zu Fäden gesponnen, die dann beispielsweise für die eigene Aussteuer weiterverarbeitet werden konnten.

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Im Jahr 2010 hat die Gr. Oesinger Spinnstube das Niedersächsische Spinnfest ausgerichtet – mit Erfolg, wie man sieht.

Seit dem Jahr 2000 gibt es die Spinnstube, die eine Sparte des Gr. Oesinger Heimatvereins ist. Anlässlich des zehnten Jubiläums richteten die Damen das Niedersächsische Spinnfest, das jedes Jahr an wechselnden Orten stattfindet, in Gr. Oesingen aus. An dieser Veranstaltung nehmen sie jedes Jahr teil, darüber hinaus präsentieren sie sich mit ihrem Handwerk unter anderem auf dem Herbstmarkt im Otterzentrum Hankensbüttel.

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Bei ihrem Tag der offenen Tür im letzten Jahr konnten sie viele interessierte Besucher begrüßen, nächstes Jahr feiert die Spinnstube ihr 20-jähriges Jubiläum. Aktuell sind es sieben Frauen, die aktiv beim Spinnen dabei sind: Gisela Niebergall, Maren Malzahn, Gertraud Meyer-Thies, Astrid Kühn, Iris Düvel, Charlotte Fickendey-Engels und Nina Feith. Im Winter treffen sie sich 14-täglich im Gemeindehaus Gr. Oesingen. Im Sommer finden die Treffen einmal im Monat statt, meistens bei einer Frauen im Garten. Reihum richten die Damen abwechselnd einen kleinen Imbiss aus und genießen für einige Stunden ihr geselliges Beisammensein.

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© Reckow, Nina Feith

Jede spinnt anders

Es sieht einfach aus aber es braucht schon ein wenig Übung, bis aus der unversponnenen Wolle ein schön gleichmäßiger Faden wird. „In der einen Hand hält man das Material, also die Wolle, und lockert sie ein wenig auf. Mit Daumen und Zeigefinger der anderen Hand führt man den Faden, der auf die Spule gezogen und aufgewickelt wird. Wichtig ist dabei, dass man schön gleichmäßig und ruhig das Spinnrad in Bewegung hält“, erklärt Maren Malzahn.

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Fast wie in alten Zeiten: Gertraud Meyer-Thies, Astrid Kühn, Gisela Niebergall, Maren Malzahn und Nina Feith (von links) von der Gr. Oesinger Spinnstube spinnen gern in geselliger Runde.

Und weil man ohne Schuhe mehr Gefühl im Fuß hat, treten fast alle das Pedal ihres Spinnrades in – wahrscheinlich selbst gestrickten – Socken. Die meisten Damen der Spinnstube haben ein altes Spinnrad, aber auch moderne Versionen mit zwei Pedalen sind hier im Gebrauch. Jedes dieser altertümlich anmutenden Werkzeuge hat Eigenheiten, mit denen nicht jeder zurechtkommt. Aber wenn man den Bogen erst mal raushat, dann ist das Spinnen ein schönes und wunderbar entspannendes Hobby, sind sich die Damen einig. Wer sich selbst einmal am Spinnrad versuchen möchte, der sollte sich über den Heimatverein Gr. Oesingen an die Leiterin Nina Feith wenden – interessierte Besucherinnen und Besucher sind immer willkommen.