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Samtgemeinde Boldecker Land

Gelebte Nächstenliebe

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Foto: Joachim Dürheide

Nach Jahrzehnten im ehrenamtlichen Dienst für das DRK und nach 35 Jahren als Vorsitzender des DRK Ortsvereins Jembke wird Aurelio Massei im Mai dieses Jahres verabschiedet. Sein großes Engagement für seine Mitmenschen ist ein Beispiel für große Nächstenliebe und unermüdliche Tatkraft. Dass er den größten Teil seines Lebens in Deutschland verbringen würde, hätte der gebürtige Italiener als junger Mann sicher nicht gedacht. Aurelio Massei und seine Frau Angela stammen aus Farindola, einem Ort in der italienischen Region Abruzzen. Hohe Berge und tiefe Täler sind typisch für diese wunderschöne Gegend. Seine Schulzeit verbringt der junge Aurelio bei einer Tante in Rom. Dort macht er auch eine Ausbildung zum Technischen Zeichner, die er mit einem Diplom erfolgreich abschließt. Zu Hause in Farindola betreibt sein Vater eine kleine Landwirtschaft. Gemeinsam bauen Vater und Sohn ein großes Haus für die Familie. „Dafür musste natürlich ein Kredit aufgenommen werden. Als dann die Ernte nicht gut war und auch noch Tiere gestorben sind, wurde es finanziell schwierig. Also habe ich mich entschlossen, in Deutschland Geld zu verdienen“, sagt der 78-Jährige. Am 16. März 1961 – an dieses Datum erinnert er sich ganz genau – ist er in Deutschland angekommen. Eine Anstellung fand er bei MAN im Schiffsmotorenbau, doch nach einiger Zeit ging er wieder zurück nach Italien. „Es hat nicht gepasst“, sagt er und meint damit die Bezahlung. Daheim in Farindola heiratet er seine Angela und absolviert den Militärdienst bei den Gebirgsjägern. Nach der Soldatenzeit arbeitet er zunächst als Busfahrer, bevor es ihn wieder nach Deutschland verschlägt. Hier findet er Arbeit bei VW in Wolfsburg – und diesmal „passt“ es.

Ein Leben für das DRK

VON DEN BERGEN INS FLACHLAND

Ganz ohne die Überredungskünste eines anderen Italieners, der bei VW beschäftigt war, wären Aurelio und seine Familie vielleicht in Australien gelandet. Denn dorthin wollten er und sein Freund, ein Cousin seiner Frau, eigentlich auswandern. Doch schließlich lässt er sich überzeugen, auch weil ihm der VW-Arbeiter etwas verspricht: „Er hat gesagt, wenn ich nicht jeden Monat 100.000 Lire von meinem Verdienst an meine Frau schicken kann, gibt er mir so viel Geld, dass ich das schaffe. Das hat er mir sogar per Vertrag zugesichert“, wundert sich Aurelio Massei noch heute. Notwendig wurde das dann nicht, schon im ersten Monat war der Verdienst mehr als ausreichend für die Überweisung nach Hause.

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ILLUSTRE GÄSTE

Als stellvertretender Direktor hat Aurelio Massei hier Kontakt zu einer ganzen Reihe illustrer Gäste. Im Rothehof treffen sich zu der Zeit hochrangige VW-Manager, hierher kommen auch der niedersächsische Ministerpräsident, der Aufsichtsrat und andere wichtige Gäste des VW-Konzerns. Die Atmosphäre ist gediegen, Diskretion des Personals selbstverständlich. Nach rund fünf Jahren auf diesem Posten bekommt er dann ein sehr großzügiges Angebot und kann in den vorzeitigen Ruhestand wechseln. Damit endet seine berufliche Laufbahn im VW-Konzern – aber noch lange nicht seine Tatkraft und seine Lust, etwas zu bewegen. Zu dieser Zeit ist er bereits Vorsitzender des DRK Ortsverbands Boldecker Land und hat nun noch mehr Gelegenheit, sich auf sein Ehrenamt zu konzentrieren.

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Im Sommer 1972 holt er seine Frau und die beiden Töchter nach Deutschland, denn es lief gut für ihn bei VW: Weil er fleißig und flexibel war, hatte er nach zwei Jahren die höchste Lohnstufe in der Produktion erreicht. Lange hielt es ihn allerdings nie an einem Fleck und so wechselte er in die Instandhaltung der Lackiererei. Auch dort arbeitete er sich hoch und machte seinen Meister. Als die Abteilung einige Jahre später aufgelöst wurde folgte die nächste Station: das VW-Gästehaus Hotel Rothehof.

„Draußen stand ein Mann, der mir erklärte, er hätte mich mit meinem Auto fahren sehen. Und jemand, der so fährt wie ich, bräuchte er als Krankenwagenfahrer. So bin ich zum DRK gekommen.“

Aurelio Massei

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Aurelio Massei ist auch in anderen Vereinen aktiv, unter anderem bei den Reservisten der Gebirgsjäger. 2009 wurde er zum Gifhorner des Jahres gewählt, eine Auszeichnung, auf die er zu Recht stolz sein kann.

EINE HERZENSANGELEGENHEIT

Natürlich gibt es auch zu seinen Anfängen beim DRK eine Anekdote: „Eines Tages hat es an der Tür geklingelt. Draußen stand ein Mann der mir erklärte, er hätte mich mit meinem Auto fahren sehen. Und jemanden, der so fährt wie ich, bräuchte er als Krankenwagenfahrer. So bin ich zum DRK gekommen“, erzählt Aurelio Massei und lacht. Vier Jahre lang fährt er ehrenamtlich einen DRK-Krankenwagen, bevor er dann am 29. März 1987 zum Vorsitzenden des DRK Ortsverbands Boldecker Land gewählt wird. Er ist ein Mann der Tat und macht das DRK zu seiner Herzensangelegenheit.

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In seine Zeit als Vorsitzender fällt beispielsweise der Bau des DRK-Heims in Weyhausen: „Als ich den Vorsitz übernommen habe, waren wir im Keller der Grundschule in Osloß untergebracht. Ich habe gesagt, wir brauchen ein eigenes Heim“, erinnert er sich. Weil man dafür Geld braucht, viel Geld, hat er angefangen zu sparen. Aus 5000 Euro in der Kasse bei seinem Amtsantritt wurden innerhalb von zehn Jahren 150.000 Euro – genug, um das Projekt DRK-Heim in Angriff zu nehmen. „Alle haben mitgeholfen und Tausende freiwillige Arbeitsstunden geleistet. Am 17. Oktober 1998 war dann die feierliche Einweihung unseres neuen DRK-Heims ‚Henry Dunant‘ in Weyhausen“, berichtet Massei.