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875 Jahre Vorsfelde

Vorsfelde: Vom Ackerbürgerstädtchen zum industriell geprägten modernen Stadtteil

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Vorsfelde von Südosten/Innenstadt. Nach einem Aquarell von Ulrich Hillendahl.

Mit mehr als 13.000 Einwohnern ist die „Eberstadt“ Vorsfelde mit ihrer historischen Altstadt der größte Ortsteil der Stadt Wolfsburg. Der Ort ist ein historisch gewachsenes Ackerbürgerstädtchen, das an der Aller, dem Mittellandkanal und dem Feuchtgebiet Drömling liegt. Er fand als Varesfelt im Jahr 1145 erstmals urkundlich Erwähnung. Planmäßig angelegt, ist der Flecken seit dem Mittelalter der Zentralort des Vorsfelder Werders.

Entwicklung der „Eberstadt“ Vorsfelde

Der erste Stadtplan von 1761 zeigt 125 Häuser. Bei der Ortsgründung waren es fünfzig gleich große Grundstücke. Aufgebaut ist der Ort nach dem Zwe-iStraßen-Prinzip. Ursprünglich gab es nur die heutige Lange Straße und die heutige Amtsstraße, die ein lang gestrecktes Oval bilden. Unterteilt wurde der Stadtkern von der Kattenstraße und der Kirchstraße (heute: An der Propstei). Die vier Ortsausgänge hießen Oberes Thor, Meynthor, Wolfsburger Thor und Dammthor; wobei eigentliche Torbauten nicht nachgewiesen sind.

Die Bewohner von Vorsfelde waren vorwiegend Ackerbürger, die Vieh und Landwirtschaft besaßen, aber auch Handwerk und Handel ausübten, daraus wurde dann ein zentraler Handwerkerort. Da Vorsfelde Marktrecht hatte, gab es mehrere Marktplätze. Kleinvieh und Federvieh sowie Schweine wurden im Schweinewinkel angeboten, einer platzartigen Einbuchtung in der Langen Straße. An der Meinstraße lag der Rossmarkt, auf dem Vieh und Pferde gehandelt wurden. Die ältesten Gebäude sind das ehemalige Scharfrichterhaus von 1607 in der Meinstraße 14 und das Imkerhaus als Wohn- und Speicherhaus von 1590 in der Amtsstraße 9. Ein weiteres altes Gebäude ist das Haus Lütcherath von 1798 als Ackerbürgerhaus mit auffälligem Mansarddach. Es gehört einer seit Ende des 17. Jahrhunderts in Vorsfelde ansässigen Familie.

Am südlichen Ende des Stadtkerns am Zusammenfluss von Amts- und Langestraße befindet sich ein dreieckiger Platz mit der Bezeichnung Ütschenpaul. Die Namensgebung beruht auf einem früheren Teich mit Fröschen und Unken, den Ütschen. 1990 wurde auf dem Platz als Wahrzeichen eine wasserspeiende Froschfigur aufgestellt.

Feuersbrünste in den Jahren 1604, 1780 und 1798 vernichteten die alten Fachwerkhäuser. Daher entstanden die meisten der heutigen Häuser im historischen Stadtkern im 18. und 19. Jahrhundert. Es sind in der Mehrzahl zweigeschossige Fachwerkbauten auf einem steinernen Sockel.

Zu ersten Industrieansiedlungen im ländlich geprägten Vorsfelde kam es ab 1871, als der Ort mit der Lehrter Bahn zwischen Hannover und Berlin an das Eisenbahnnetz angeschlossen wurde. An der Bahnstrecke rund ein Kilometer südlich des Ortes wurde auf freiem Feld ein Bahnhofsgebäude errichtet, in dessen Nähe Betriebe (Kartoffelflockenfabrik, Konserven fabrik, Brauerei, Molkerei) entstanden. Hieraus bildete sich die heutige Vorsfelder Südstadt. Der ab 1936 südlich des Ortes errichtete Mittellandkanal brachte der Bevölkerung vorübergehend Arbeit. Einen Hafen erhielt der Ort nicht.

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Stadtansicht Luftaufnahme.

Flüchtlinge und Vertriebene erhöhten nach dem Zweiten Weltkrieg die Einwohnerzahl; die Beschäftigung im Volkswagenwerk führte zum Bau von großen Siedlungen. Die Verleihung der Stadtrechte erfolgte im Jahr 1955, bis zur Eingemeindung nach Wolfsburg 1972 war Vorsfelde eine eigenständige Stadt im Landkreis Helmstedt.

Bis heute besteht der Vorsfelder Ortskern aus einer Altstadt mit einem geschlossenen Bestand an restaurierten Fachwerkgebäuden und wenigen Neu bauten. Straßenbelag und Straßenbeleuchtung wurden bei der Innenstadtsanierung 1999/ 2000 komplett erneuert und im historischen Stil hergestellt.

Quelle: Dr. Karin Luys, Institut für Zeitgeschichte und Stadtpräsentation (IZS)