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Gymnastikverein: seit 50 Jahren eine feste Größe in Warmenau

Gymnastikverein: seit 50 Jahren eine feste Größe in Warmenau

Dream-Team

„Der Mensch bewegt sich nicht weniger, weil er alt wird. Er wird alt, weil er sich weniger bewegt. Also beweg’ dich!“, so das Motto des legendären deutschen Radrennfahrers Gustav-Adolf (Täve) Schur. „Beweg’ dich!“ sagten sich auch vor 50 Jahren Ilse Reckel, Anni Morgenstern, Ulla Kesselhut, Ursula Hoffmann, Erika Nemitz und elf weitere Frauen aus Warmenau. Gemeinsam marschierten sie am 18. Mai 1967 mit geballter Frauenpower im Notariat Peters auf, um den Gymnastikverein Warmenau e. V. durch Unterzeichnung eines offiziellen Eintrags im Vereinsregister aus der Taufe zu heben. Und dieser Verein ist seit einem halben Jahrhundert ein echtes Dream-Team.

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Allen Unkenrufen zum Trotz

„Allem Spott und allen Unkenrufen am Stammtisch der Bauern zum Trotz, ob die Frauen mit Haus, Hof und Kindern etwa nicht genug Bewegung hätten, ließ sich Initiatorin Ilse Prinke damals auf ihrer Suche nach Gleichgesinnten nicht entmutigen. Ganz im Gegenteil. Tapfer ging sie von Haus zu Haus, klingelte an jeder Tür, traf auf verächtliche Ablehnung, aber auch auf spontane Begeisterung. Angetan von so viel Energie und Tatendrang ließ sich die Bauersfrau Elsbeth Bammel aus Brackstedt, eine gelernte Sportlehrerin, nicht lange bitten, als Übungsleiterin einzusteigen. Sie erklärte gleich beim ersten Zusammentreffen von 30 erwartungsvollen Damen, wie gut ausgleichende Gymnastik ihrem Körper gerade wegen der schweren Arbeit in Haus und Hof tun kann. Das Feuer der Begeisterung wurde von einer zu anderen weitergegeben“, weiß Anja Meinke (43), seit zehn Jahren Vorsitzende des Gymnastikvereins Warmenau, aus den ausführlichen Aufzeichnungen ihrer ersten Amtsvorgängerin, Ilse Prinke, in der Chronik und aus vielen Erzählungen.

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Ulrike van Geuns Rosch (r.) ist seit 1990 Übungsleiterin im Gymnastikverein Warmenau.

Meisterinnen im Improvisieren

Schnell wurden damals einheitliche Gymnastikanzüge in Schwarz gekauft, dazu geeignete Turnschuhe. Und dann konnte es auch schon losgehen. Doch wo? Der erste Gedanke an die sogenannte Schweineweide wurde gleich wieder verworfen. Niemand wollte zu den Übungsstunden im Regen stehen. Und auf lästernde Zaungäste konnten die Damen auch gern verzichten. Zum Glück gab es den alten Tanzsaal der Gastwirtschaft Bosse! Doch einige Mannsbilder konnten es vor lauter Neugier partout nicht lassen, vom Hof aus einen Blick durch die Fenster oder durch die Jalousie vom Thekenraum zu riskieren. Umso größer die Freude über das Angebot der Gemeinde, den ungenutzten Dachboden über der neuen Schule als Übungsraum zu nutzen. Für den harten Zementboden fand Schuster Morgenstern mit Schaumstoffmatten eine Lösung. Und weil es natürlich auch noch keine vereinseigenen Sportgeräte gab, brachte jede Frau zunächst entbehrliches Equipment von zu Hause mit: Besenstiel, Ball der Kinder, Strick aus dem Stall oder Garten … Not macht erfinderisch. Und Frauen sind Meisterinnen im Improvisieren!

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2003: Einzug ins neue Dorfgemeinschaftshaus

„Schließlich haben die Warmenauer gemerkt, dass der Gymnastikverein zumindest keine Eintagsfliege war. Auf der Gemeinderatsversammlung wurde bei aller Skepsis beschlossen, dem Verein 300 D-Mark für die Anschaffung eines Tonbandgerätes zu spenden. Allerdings unter einer Bedingung: Die Frauen mussten unterschreiben, dass sie das Geld zurückzuzahlen haben, wenn sie im Herbst den Gymnastikverein wieder auflösen“, weiß Ortsbürgermeisterin Angelika Jahns aus Erzählungen ihrer Mutter, die zu den Frauen der ersten Stunde gehörte. Schmunzelnd fügt sie hinzu: „Das ist jetzt 50 Jahre her und an eine Auflösung des Vereins dachten die Damen Gott sei Dank natürlich nicht einmal im Traum. Ganz im Gegenteil. Es gab Jahre, in denen sich gern noch mehr Frauen der sportlichen Truppe angeschlossen hätten, doch die räumlichen Kapazitäten waren bis zur Einweihung unseres neuen Dorfgemeinschaftshauses 2003 begrenzt. Neulinge konnten nur aufrücken, wenn ein Platz frei wurde. Es gab sogar eine Warteliste. Heute ist der Raum groß genug, weitere sportlich Interessierte aufzunehmen.“

Seit 25 Jahren gibt es auch eine Männergruppe

Heute prägt der Gymnastikverein Warmenau mit fast 60 Mitgliedern, darunter 35 Aktiven, den kleinen, beschaulichen Wolfsburger Ortsteil, in dem noch jeder jeden kennt, ganz entscheidend mit. Zumal es außer den Kyffhäusern hier keine weiteren Vereine gibt. „Und das Beste: 

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Ortsbürgermeisterin Angelika Jahns

Der sportlichen Betätigung mit Gymnastik frönen hier längst nicht mehr nur Frauen. Seit 25 Jahren haben die Blau-Weißen vom Gymnastikverein Warmenau auch eine Männergruppe, die etwa 15 Mitglieder zählt!“, erklärt Rita Paelecke, die auf mehr als 35 Jahre Vorstandsarbeit zurückblicken kann und nun 2. Vereinsvorsitzende ist. Sie weiß auch:

„Dass der Gymnastikverein Warmenau über fünf Jahrzehnte kein bisschen an seiner Beliebtheit eingebüßt hat, ist natürlich vor allem dem konsequenten Einsatz professioneller Übungsleiterinnen zu verdanken.“ Elsbeth Bammel hatte von 1967 bis 1973 erste Maßstäbe gesetzt. Auf sie folgte von 1974 bis 1990 Gisela Appel. Seit 1. April 1990 gibt Ulrike van Geuns Rosch in den Übungsgruppen den Ton an. Und wer meint, dass unter ihrem Kommando „so ein bisschen Gymnastik“ nur was für ältere Semester ist, der kann sich in den Trainingsstunden – für die Herren montags von 18.00 bis 19.00 Uhr und für die Damen von 19.00 bis 20.00 Uhr – schnell vom Gegenteil überzeugen.


„Bei uns muss niemand Angst haben, nicht mitzukommen. Wir sind nicht im Wettbewerb.“


Vereinsvorsitzende Anja Meinke

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Fitness mit Spaß und Motivation

Mit Gymnastik-Bändern, Reifen, großen Gymnastikbällen, Stepp-Brettern, Hanteln und Gewichten geht es unter fachkundiger Anleitung im Takt fetziger Musik richtig zur Sache, sodass mittlerweile in der Frauengruppe auch Jüngere und Kinder wieder Spaß an Gymnastik haben. Werden doch bei allen Übungen Körper und Geist gleichermaßen trainiert. Wenn Ulrike van Geuns Rosch zum Beispiel sagt: „Fünfmal linker Arm, rechtes Bein und dann genau anders herum, rechter Arm und linkes Bein“, ist die Übungsabfolge für Konzentration und Koordination eine echte Herausforderung und Jogging fürs Gehirn, die Spaß macht und die Motivation weckt“, erklärt Anja Meinke. Sie fügt hinzu: „Unsere Übungsleiterin denkt sich immer wieder Neues für uns aus, lässt sogar die eine oder andere Yoga-Übung in das Programm einfließen. Uns macht das Spaß und sie weiß, was uns guttut.“ Dennoch kommt auch die Geselligkeit im Gymnastikverein Warmenau e. V. nicht zu kurz. Grillfeste, Rad- und Boßeltouren, Besuche von plattdeutschen Theaterveranstaltungen, Tagesfahrten zum Beispiel in den Harz, nach Berlin, Leipzig, Hannover, Schwerin, Salzwedel, Wolfenbüttel oder Hamburg und vieles andere mehr stehen in der eingeschworenen Gemeinschaft hoch im Kurs.

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Seit 25 Jahren machen auch Männer im Gymnastikverein Warmenau eine gute Figur.

Neueinsteiger sind herzlich willkommen

Vereinsvorsitzende Anja Meinke in eigener Sache: „Wir freuen uns natürlich immer über neue Vereinsmitglieder aus Warmenau und Umgebung. Interessierte Frauen und Männer können gern montags zu einem Schnuppertraining in den jeweiligen Gruppen kommen. Bei uns muss niemand Angst haben, nicht mitzukommen. Wir sind nicht im Wettbewerb. Jeder gibt für seine Fitness sein Bestes, schafft, was er kann. Was zählt, ist die Freude am gemeinsamen Sport mit netten Leuten. Die Kondition wächst nach und nach von ganz allein. Und Hand aufs Herz: Muskelkater kennen wir doch alle!“ (bc)