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Sicherheitswochen 15. November 2019

Hilfe nach dem Unwetter

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Wenn ein Sturm gewütet hat, ist das in der Regel ein Fall für die Versicherung. Doch nicht immer kommen diese auch für den Schaden auf. FOTO: NICOLAS ARMER/DPA

Vorsorge, die sich lohnt

Von Christoph Höland Es sind gerade mal 25 Minuten im August, die das südniedersächsische Rhumspringe noch heute beschäftigen: Am Nachmittag eines warmen Tages zieht ein Unwetter über dem kleinen Ort auf, es beginnt zu regnen. Eine knappe halbe Stunde später sind 50 Liter Wasser pro Quadratmeter niedergegangen – und 35 Häuser überflutet. In einigen Häusern steht der Schlamm, der von nahen Hängen in den Ort gespült wurde, 1,50 Meter hoch. Mit den Schäden ringen die Bewohner noch heute, sammeln Spenden für die Betroffenen. Denn kaum einer von ihnen war gegen den Schaden versichert – was für viele Haushalte in Deutschland gilt, wie Versicherer und Verbraucherschützer berichten.

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Extremwetterlagen in Deutschland zu gravierenden Schäden an Straßen und Gebäuden geführt. Wie können sich Hausbesitzer versichern?

43 Prozent der Hausbesitzer sind laut dem Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft gegen Elementarschädenversichert.

Steigen die Risiken wegen des Klimawandels?

Die Versicherer gehen davon aus, dass Extremwetter-Ereignisse wegen des Klimawandels häufiger werden. „Wir sehen ja in unseren jährlichen Statistiken, welche Schäden Sturm, Hagel, Starkregen und Überschwemmungen verursachen“, sagt Kathrin Jarosch, die sich beim Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV) mit den Auswirkungen des Klimawandels befasst. Insgesamt haben dem GDV zufolge Extremwetterlagen im Jahr 2018 rund 3,1 Milliarden Euro Schäden in Deutschland angerichtet.
  

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Was für Gefahren drohen konkret?

Die größte Bedrohung stellen Sturm- und Hagelschäden dar. Auf 1,32 Milliarden Euro beliefen sich die Schäden 2018, berichtet der GDV. Hinzu kommen 263 Millionen Euro, die auf weitere „Elementarrisiken“ entfallen. Während eine Gebäudeversicherung gegen Sturm und Hagel obligatorisch ist, ist ein zusätzlicher Schutz gegen Elementarschäden beispielsweise durch Überschwemmungen, Starkregen, Erdbeben und Schneedruck freiwillig. Weil laut Jarosch nur 43 Prozent aller Hausbesitzer entsprechend abgesichert sind, dürften die wahren Schäden höher sein, als der GDV angibt. Dabei sollte sich eigentlich niemand in trügerischer Sicherheit wägen, betont Jarosch. „Unser Forschungsprojekt mit dem Deutschen Wetterdienst (DWD) zeigt, dass Starkregen jeden Ort in Deutschland treffen kann.“

"Alles, was man raustragen kann, wird von der Gebäudeversicherung nicht abgedeckt."

Elke Weidenbach, Verbraucherzentrale NRW

Wie können sich Hausbesitzer absichern?

Gegen einfache Sturm- und Hagelschäden reicht die Gebäudeversicherung. In den vergangenen zehn Jahren abgeschlossene Gebäudeversicherungen umfassen meist auch einen Schutz gegen Elementarrisiken. Denn Versicherungen fragen laut Jarosch bei Vertragsabschluss explizit nach, ob Versicherungsnehmer auf zusätzlichen Schutz verzichten wollen.

„Ältere Verträge enthalten aber oft keinen erweiterten Naturgefahrenschutz oder eine Elementarschadenversicherung“, sagt sie. Eine weitere Erfahrung, die Jarosch gemacht hat: „Viele Hausbesitzer wissen nicht genau, was versichert ist.“ Sie rät deshalb zu einem prüfenden Blick auf die Versicherungsunterlagen und dazu, gegebenenfalls bei der Versicherung nachzufragen.

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Zieht ein Unwetter auf, sind Hausbesitzer oft besorgt – durchaus zu Recht, wie Versicherer meinen. FOTO: STOCK.ADOBE.COM/DG-FOTOGRAFIE

Reicht eine Gebäudeversicherung?

Die Gebäudeversicherung schützt nur das Haus. „Alles, was man raustragen kann, wird davon nicht abgedeckt“, erklärt Elke Weidenbach, Rechtsanwältin und Versicherungsexpertin bei der Verbraucherzentrale NRW. Sie hält ohnehin den Abschluss einer Hausratversicherung für sinnvoll – aber nicht zwingend mit zusätzlichem Schutz vor Elementarschäden. Vor allem diejenigen, die unterhalb des ersten Stocks wohnen, sollten sich das ihr zufolge angesichts von Überschwemmungsrisiken jedoch überlegen
  

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Es donnert und blitzt: Allein in Nordrhein-Westfalen wurden 2018 gut 50 000 Blitzeinschläge gezählt. FOTO: THOMAS RENSINGHOFF/DPA

Was ist beim Vertragsabschluss zu beachten?

„Es ist enorm wichtig, nicht nur auf den Preis zu schauen“, sagt Weidenbach.

Es gebe unter anderem Unterschiede bei der Erstattung der Kosten eines Wiederaufbaus, weil nicht alle Versicherungen Preissteigerungen seit der Errichtung des Hauses gleichermaßen erstatten, so die Verbraucherschützerin. Dass derartige Detailfragen mühsam sein können, gibt auch Weidenbach zu. „Fehler lassen sich nur schwer beheben“, mahnt sie aber. Denn nachträglich kann die Gebäudeversicherung nur mit Zustimmung aller im Grundbuch eingetragenen Gläubiger erfolgen – was viel Aufwand mit sich bringt.
  

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Ein mittlerweile vertrautes Bild: Stark- und Dauerregen flutet Straßen und Häuser. FOTO:GEORG-STEFAN RUSSEW/DPA

Muss die Versicherung jeden Kunden annehmen?

Nein. Die Versicherer haben längst hausnummerngenaue Risikoregionen, sogenannte ZÜRS-Zonen, definiert. Wessen Haus denen zufolge als gefährdet gilt, muss für Elementarschadenschutz deutlich tiefer in die Taschen greifen. Auch ohne entsprechende Lage können Versicherer den Versicherungsschutz in häufig von Unwettern betroffenen Gebieten verweigern. Darauf weist Weidenbach außerdem hin.

Welche Pflichten haben Versicherte?

Sie müssen zum Überschwemmungsschutz beitragen – und zwar indem sie gegebenenfalls Rückhalteklappen installieren und die Abflussleitungen freihalten. Damit die Hausratversicherung greift, müssen außerdem Gegenstände im Keller mindestens zwölf Zentimeter über dem Boden gelagert werden. Außerdem gilt grundsätzlich, dass Versicherungen nicht für Schäden zahlen, wenn es hereingeregnet hat. „Sondern nur, wenn das Wasser von unten kommt“, wie es Weidenbach formuliert.

Gibt es weitere Schutzmaßnahmen?

Gegen die meisten Stürme schützt die Architektur normal gebauter Häuser in Deutschland. Der GDV empfiehlt allerdings regelmäßige Kontrollen der Standfestigkeit von Bäumen im Umfeld des Hauses. Auch das Dach sollte regelmäßig in Augenschein genommen werden, etwa wegen lockerer Ziegel. Gegen Hagel lohnt sich laut GDV ein Blick auf das österreichische Hagelregister, das auch sichere Baumaterialien empfiehlt. Ein Leitfaden für Deutschland werde derzeit entwickelt, heißt es beim Gesamtverband. Wer sein Haus über das verpflichtende Maß hinaus gegen Starkregen und Überschwemmungen schützen will, kann unter anderem druckdichte Kellerfenster installieren, Barrieren vor Eingängen und Lichtschächten einziehen und Auffangmulden im Garten anlegen. Auch für diesen Bereich erarbeitet der GDV derzeit einen Leitfaden.

Hilft im Notfall der Staat?

Die Bundesländer haben sich schon im Jahr 2017 geeinigt, Betroffenen bei Überflutungen keine staatlichen Hilfen zur Verfügung zu stellen. Lediglich in Gebieten, in denen keine Versicherung abgeschlossen werden konnte, machen sie eine Ausnahme.
  

„Alternative Lösungen“

Schon nach der Flutkatastrophe 2002 an Elbe und Donau gab es Empfehlungen, dass Hausbesitzer zu einer Elementarschadenversicherung verpflichtet werden sollten. 2017 haben die deutschen Länderchefs beschlossen, keine staatliche Hilfe für Hochwasserbetroffene zu gewähren. Durch den Klimawandel komme es zu immer mehr Unwetterereignissen – deshalb sollten „alternative Lösungsmodelle zu staatlichen Hilfszahlungen entwickelt werden“.

SICHERHEITS FRAGE

Vorsorge, die sich lohnt

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Uwe Eilers

Der Bund der Versicherten hat kürzlich eine Analyse der Solvenzquoten der deutschen Lebensversicherer veröffentlicht, die bei jedem Inhaber von Renten- und Lebensversicherungspolicen die Alarmglocken schrillen lassen. Es wurde festgestellt, dass ein Viertel aller Gesellschaften bereits ohne Gewinne arbeiten oder eine zu geringe Solvenz haben. Die Probleme sind vor allem Resultat der andauernden Niedrigzinspolitik durch die Europäische Zentralbank (EZB).

Unabhängig von der möglichen Instabilität der Lebensversicherungsgesellschaften war und ist die Kostenquote der Renten- und Lebensversicherungspolicen enorm hoch, sodass der wirkliche Sparanteil von den eingezahlten Beiträgen relativ klein ist. Aus dem Grund ist bei den klassischen Policen künftig gar eine negative Rendite zu erwarten.

Sparbücher und Termingelder haben fast immer weniger Zins als die Inflationsrate gebracht. Aus dem Grund sind diese Anlageformen allenfalls zum kurzfristigen Parken von Geldern geeignet.

Sachanlagen in Form von Unternehmensanteilen, also Aktien, haben langfristig einen durchschnittlichen jährlichen Ertrag von mehr als 6 Prozent erzielt. Dies sollte auch weiterhin zu erwarten sein. Somit ist dies grundsätzlich die beste Form der Altersvorsorge. Fazit: Hände weg von Renten- und Lebensversicherungen sowie klassischen Bankprodukten! Langfristige Investments in Aktienmärkte und erfolgreiche Unternehmen sind grundsätzlich die bessere Alternative. Aktienkursschwankungen sollte man dabei nicht nur als Risiko, sondern vor allem als Chance begreifen.

Uwe Eilers ist Vorstand der FV Frankfurter Vermögen AG in Königstein/Taunus

SMARTES GADGET

Kritik an Connected Kidsrooms

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Smarte Socke oder voll überwachtes Kinderzimmer durch digitale Kameras: Geht es um die Kinder, greifen Eltern oft tief in ihre Tasche. Neue digitale Produkte sollen zusätzliche Sicherheit geben. Doch Kinderärzte sehen das kritisch. Zur Ausstattung des „Connected Kidsroom“ gehören zum Beispiel smarte Babyfons. Für Kleinkinder gibt es marte Überwachungsmechanismen in Form von Kameras der auch Bewegungsmeldern. Allein das Angebot dieser unnötigen Geräte suggeriere eine Gefahr für das Kind, die nicht vorhanden sei, kritisiert die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin.