Anzeige
Samtgemeinde Wesendorf

Drei Gänge sind zu wenig, so Kathrin Vehling-Alpert vom Verein Islandpferde Teichgut

Drei Gänge sind zu wenig, so Kathrin Vehling-Alpert vom Verein Islandpferde Teichgut Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

Hartmut Schulze ist das älteste Vereinsmitglied. Mit über fünfzig Jahren hat er angefangen zu reiten. Schon nach wenigen Reitstunden kaufte er sich ein Islandpferd.

Wer den Islandpferde Teichgut e. V. be sucht, fühlt sich unwillkürlich an den Immenhof aus den Filmen der 50er-Jahre mit Heidi Brühl erinnert. Das kommt nicht von ungefähr, denn schon bei der berühmten Romanverfilmung von „Dick und Dalli und die Ponys“ besetzte man Letztere mit Islandpferden.

Islandpferde sind anders, ihre Besitzer auch. Die unkomplizierten, vielseitigen und ausgeglichenen Vierbeiner treffen auf ebenso unkomplizierte und gesellige Reiter, die ihr Hobby oft mit der ganzen Familie teilen. Lebensfreude pur ist dabei garantiert.

Ähnlich wie im Film, so herrscht auch auf dem Islandpferdegestüt Teichgut, dem Sitz des Vereins, ein fröhliches Treiben rund um die Reithalle, Paddocks, Ställe, Weiden und auf dem Hof selbst. Kinder, Jugendliche und Erwachsene jeden Alters kümmern sich um die halbhohen Pferde, misten aus, putzen oder reiten die Tiere. Katzen liegen im Heu, Hunde begrüßen jeden neuen Besucher und wollen spielen. Dazwischen laufen einige Hühner frei herum. Dabei ist jetzt, zu Pandemie-Zeiten, natürlich deutlich weniger los als sonst. Reitunterricht findet nicht statt und nur die Besitzer der Pferde, die auf dem Islandpferdegestüt Teichgut untergestellt sind, dürfen kommen, um ihre Tiere zu versorgen und zu bewegen. „Wir sind heilfroh, dass wir in Corona-Zeiten unsere Pferde haben, mit denen wir raus in die Natur reiten können“, sagt Kathrin Vehling-Alpert, die Pressewartin des Islandpferde Teichgut e. V. Kurz darauf setzt sie schmunzelnd hinzu: „Es ist generell gut, ein Islandpferd zu haben!“

SONDERSTELLUNG UNTER DEN PFERDERASSEN

Wie alle Vereinsmitglieder, so ist auch Kathrin Vehling-Alpert überzeugt und begeistert von den halbhohen Pferden, die eine Sonderstellung unter den Pferderassen einnehmen. Die Pressewartin muss es wissen, denn auch sie ritt früher ganz normale Großpferde. „Ich fand es immer ein bisschen albern, wenn ich erwachsene Menschen auf Islandpferden reiten sah“, gibt sie zu. Das hat sich geändert, als sie selbst zum ersten Mal auf einem Islandpferd saß. So wie ihr ergeht es vielen.

„Islandpferde sind unkompliziert in der Haltung. Sie können das ganze Jahr über im Freien und somit im Herdenverband leben“, erklärt Vereinsvorstand Michael Müller. Das sei mit ein Grund, warum die Tiere so ausgeglichen sind. „Die Pferde kommen miteinander aus, man muss nicht einzelne Tiere voneinander trennen. Auch sonst sind sie umgänglich und zicken nicht herum. Das wurde ihnen auf Island rausgemendelt“, erklärt er.

Ein weiterer Grund für die Beliebtheit der Islandpferde ist, dass sie besonders bequem zu reiten sind. „Das Leben ist zu kurz, um dreigängige Pferde zu reiten“, ist das Motto von Michael Müller, dem Chef des Gestüts Teichgut. Denn im Gegensatz zu anderen Pferden beherrschen Islandpferde neben den üblichen Gangarten Schritt, Trab und Galopp auch den sogenannten Tölt.

Kathrin Vehling-Alpert schwärmt: „Ob schnell oder langsam, beim Tölt sitzt der Reiter immer bequem im Sattel. Die Gangart ist erschütterungsfrei und damit rückenfreundlich, weil das Pferd immer einen Huf am Boden hat. Es läuft wie auf Schienen.“ Darüber hinaus gehen manche Islandpferde sogar noch eine fünfte Gangart, den sogenannten Pass, der wie ein sehr schneller Tölt ist.

„Das Leben ist zu kurz, um dreigängige Pferde zu reiten.“

Auch sonst überzeugen Islandpferde durch ihre Vielseitigkeit: Wanderreiten, Dressur, Rennen – man kann alles mit ihnen machen. Nur Springen tun sie nicht so gerne. „Das liegt daran, weil Islandpferde so klug sind“, hat Sportwartin Julia Müller ihre eigene Theorie. „Sobald sie feststellen, dass die Hindernisse umfallen, wenn sie dagegen rennen, finden sie es sinnlos, darüber zu springen.“

Die Unkompliziertheit und Vielseitigkeit von Islandpferden ist sicher mit ein Grund, warum oft ganze Familien ihrem gemeinsamen Hobby frönen. Als Reitpferde sind sie für Erwachsene und Kinder gleichermaßen geeignet. Doch selbst, wenn einzelne Familienmitglieder nicht reiten, nehmen sie oft an Gemeinschaftsaktivitäten teil und sind gern gesehener Gast bei Veranstaltungen.

OHNE VEREIN FEHLT ETWAS

Da die Gemeinschaft für Ross und Reiter wichtig ist, verwundert es nicht, dass das Vereinsleben einen hohen Stellenwert genießt. Seit 2017 organisieren nun auch die Pferdebesitzer rund um das Gestüt Teichgut ihren eigenen Ortsverein. Das Einzugsgebiet reicht von Braunschweig bis nach Wolfsburg und Celle. „Früher waren wir Teil des Braunschweiger Vereins, doch der ist weit weg. Weil außerdem auf dem Gestüt Teichgut viele unserer Aktivitäten stattfanden, haben wir beschlossen, unseren eigenen Verein zu gründen“, erklärt Kathrin Vehling-Alpert.

Viele Mitglieder des Vereins nehmen auch an Turnieren teil. Dabei bleibt man wegen der besonderen Eigenart der Islandpferde unter sich, denn die Wettbewerbe sind komplett anders gestaltet als die von Großpferden. Freizeitwartin Wibke Hüsemann erklärt: „Es gibt Disziplinen wie Fünf-Gang-Prüfungen oder Pass-Rennen, die auf einer Ovalbahn stattfinden.“ Auch die ist eine Besonderheit des Islandpferde-Reitsports. „Abends setzen wir häufig lustige Prüfungen an, zum Beispiel den Mitternachts-Tölt, wo Pferd und Reiter kostümiert sind.“ Kathrin Vehling-Alpert erzählt von einer weiteren populären Disziplin: „Beim Bierglas-Tölt zeigt sich, wie erschütterungsfrei diese Gangart ist. Dabei kommt es darauf an, ein gefülltes Bierglas möglichst ohne Verluste über die Ziellinie zu bringen.“ Natürlich steht auch bei den Turnieren die Geselligkeit im Vordergrund, wie Wibke Hüsemann betont: „Im Gegensatz zu Veranstaltungen mit Großpferden dauern unsere meistens nicht nur einen Tag, sondern ein ganzes Wochenende. Dann übernachten die Menschen in Zelten oder Wohnwagen und die Pferde in Paddocks.“

Beim Islandpferde Teichgut e. V. wird deutlich: Islandpferde sind nicht nur eine spezielle Pferderasse, sie stehen auch für eine besondere Pferdesport-Philosophie. Deshalb kommt für deren Reiter ein Wechsel auf Großpferde gar nicht mehr infrage. „Einmal Islandpferd, immer Islandpferd“, verkünden die Mitglieder des Islandpferde Teichgut e. V. mit Überzeugung.