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825 Jahre Stadt Gifhorn

Lebensmotto: „Nutze den Tag und gib niemals auf!“

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Ein Herz und eine Seele sind Erika und Harry Simon. Harry Simon trägt stolz den Pullover, den ihm seine Familie zum 102. Geburtstag schenkte. © photowerk/Katja Buhlmann

Leben, lieben, lachen: „Carpe diem – nutze den Tag und gib niemals auf!“ – das ist das Lebensmotto von Harry Simon. Vor Kurzem feierte er gemeinsam mit der Familie und Weggefährten seinen 102. Geburtstag und zählt zu den ältesten Einwohnern Gifhorns. Die Zahl selbst bedeutet ihm nicht viel. „Ich beschäftige mich nicht mit meinem Alter“, sagt er. Geboren wurde Harry Simon in Oldenburg. „Wortgewaltig, wenn es darum geht, jemanden in Schutz zu nehmen gegen Intrigen – aber auch, um eigene Interessen zu verdeutlichen – so bin ich“, charakterisiert er sich selbst. 

Der 102-jährige Harry Simon zählt zu den ältesten Einwohnern Gifhorns

Gegen den Willen seiner Eltern brach er als 16-Jähriger die Schule ab, heuerte später auf der „Europa“ an, damals eins der größten Passagierschiffe. „Das war die härteste Schule auf hoher See, die man sich vorstellen kann“, blickt er zurück. „Aber als der Kapitän mir mehrmals das Ruder überließ, habe ich gespürt, dass ich alles schaffen und mein Leben selbst gestalten kann.“ Den Zweiten Weltkrieg erlebte Harry Simon beim Nachrichtendienst im Mittelmeerraum, startete danach beruflich durch: vom Sachbearbeiter bei Telefunken und Manager im Marketingbereich bis zum stellvertretenden Vorstandsvorsitzenden der Gesellschaft für Dämmstoffe. Er heiratete, bekam zwei Kinder.
 

„Als der Ruhestand nahte, habe ich ein Jahr lang nur gefaulenzt. Das bekam mir aber gar nicht gut“, haderte er damals mit der Phase der Entschleunigung. Also setzte er auf Arbeit statt Auszeit, gab erneut beruflich Vollgas, baute unter anderem Tennisschulen mit auf und war in der Immobilien- und Versicherungsbranche tätig. „Ich hatte so viel um die Ohren wie noch nie. Aber dann brauchte ich eine Pause.“
 

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Ob Tennisspielen oder Segeln auf dem Tankumsee: Harry Simon ist seinen Hobbys bis vor einigen Jahren noch leidenschaftlich nachgegangen. © AZ-Archiv

Harry Simon entdeckte seine Leidenschaft für Sardinien – mit 70 und für „ viele, viele Jahre“. „Ich fühlte mich mit der Natur und den Menschen dort sehr verbunden und fing an zu malen. Auf Sardinien habe ich den Grundstock für meine Gesundheit gelegt. Meine Zeit dort hat mich für die wichtigen Dinge im Leben sensibilisiert – zum Beispiel habe ich tolle Freunde gefunden.“ Die Insel mit herber Schönheit – für Harry ein wahrer Sehnsuchtsort.

Beim Urlaub in seiner alten Heimat Gifhorn im Jahr 1993 traf er an einem Blumenstand Erika wieder. „Wir kannten uns schon vorher flüchtig über unsere Kinder.“ Aus dem zarten Pflänzchen der Zuneigung wuchs eine innige Liebe. „ Erika ist einfach einmalig“, schwärmt er von seinem Lebensglück und beschreibt seine Gefühlswelt: „Meine Frau hat Ecken und Kanten und einen eigenen Kopf wie ich, und dennoch – oder besser deshalb – liebe ich sie.“

Er reiste mit ihr nach Sardinien, zeigte ihr die Idylle am Meer, machte ihr einen romantischen Heiratsantrag am Strand. „Er schrieb in den Sand: ‚Kannst du dir vorstellen, auch Simon zu heißen?‘“, erinnert sich Erika Simon an diesen rührenden Augenblick. „Natürlich habe ich ‚Ja‘ gesagt.“ Beide beschlossen gemeinsam, nach Gifhorn zurückzugehen „Denn hier lebt meine Familie, zu der ich einen engen Draht habe und die auch Harry ins Herz geschlossen hat. Wir fühlen uns mit Gifhorn einfach verbunden“, sagt sie.

Ob Tennisspielen oder Segeln auf dem Tankumsee: Voller Leidenschaft ist Harry Simon seinen Hobbys bis vor einigen Jahren noch nachgegangen. Zum 80. Geburtstag schenkte ihm sein Sohn einen Computer. Ein Jahr später hatte er seine eigene Homepage und bewarb sich mit 95 für den „Goldenen Internetpreis“. „Leider habe ich nicht gewonnen, aber dabei sein ist alles.“

„Mir ist bewusst, dass das, was mich bewegt, auch höchstes Glück und unsäglicher Schmerz, den Ursprung in mir selbst hat“, reflektiert sich Harry Simon. „Ein verzeihendes Lächeln und ein Lachen über mich selbst sind sehr befreiend. Ich lebe im Hier und Jetzt und bin dankbar für so viele positive Dinge in meinem Leben, die ich entdecken und genießen kann.“

Überall im Haus hängen selbst gemalte Bilder von ihm an der Wand. Sonnenuntergänge, Strände, Porträts. Ein Bild – märchenhafte Wolken am tiefblauen Horizont – hat eine ganz besondere Bedeutung. „Harry hat es für mich geschaffen – mit ganz viel Liebe“, erläutert Erika Simon den persönlichen Hintergrund. „Er drückt damit aus, dass er auf mich im Himmel warten wird, wenn er mir vorausgehen sollte.“