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City Magazin Wolfsburg

„Me as an Artist“ und die Freude am Finden

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Aus modellierten Körperfragmenten, Ästen und Stahl-Objekten schafft Walter Winter ungewöhnliche skulpturale Assemblagen.

Künstlerporträt

Das Geheimnis der Kunst liegt darin, dass man nicht sucht, sondern findet.“ – Aus ganzer Überzeugung lebt und arbeitet Walter Winter, seit gut eineinhalb Jahren Mitstreiter der sechsköpfigen Künstlergruppe von Burg Neuhaus, nach Pablo Picassos Devise. Viel mehr noch: Er hat sogar, wie sein großes Vorbild, an einem 25. Oktober das Licht der Welt erblickt. Wenn das kein gutes Omen ist! 

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„Africa – time is different“.

1959 als drittes von fünf Kindern im beschaulichen Paasdorf, einem kleinen Ort in Niederösterreich, geboren, studierte Walter Winter, der neben einer musischen Ader ein besonderes Faible für Werkzeuge aller Art entwickelte, an der Höheren Technischen Bundeslehr- und Versuchsanstalt Wien Maschinenbau. Seit 1981 ist der Ingenieur in Deutschland als Motorenkonstrukteur tätig. Er erzählt: „1984 kam ich nach Wolfsburg, zog drei Jahre später wieder nach Österreich und begab mich schließlich auf eine zehnmonatige Reise durch Neuseeland und Australien. Jene Zeit dort – leider verbunden mit einem schweren Motorradunfall und lebensgefährlicher Verletzung – veränderte meine Sichtweise auf viele Dinge und die Welt. Inspiriert von den Erlebnissen und Eindrücken auf einem fernen Kontinent, begann ich mich autodidaktisch mit der bildenden Kunst zu beschäftigen.“ 

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Monotypie mit dem Titel „Akt“.

Kunst spielt nun die „erste Geige“

Zurück in Wolfsburg war Walter Winter ab Mitte 1988 zunächst freiberuflich als Motorenkonstrukteur tätig, arbeitete an der Entwicklung verschiedener Motoren-Prototypen für Volkswagen mit und wechselte 1999 schließlich in ein Angestelltenverhältnis beim großen Autobauer. „Dennoch: Die Kunst war und ist für mich immer der beste Ausgleich zum Job mit klar strukturierten technischen Konstruktionszeichnungen und Versuchsplanungen. Nun kann sie seit Anfang des Jahres sogar ‚die erste Geige’ in meinem Leben spielen. Ich liebe es, meine Entdeckungsfreude und den Spaß am freien Gestalten nach Herzenslust zu entfalten, mich der Welt in der besonderen Sprache der Kunst mitzuteilen“, so Winter. 

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2017 hat Walter Winter ein Atelier auf Burg Neuhaus bezogen.
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Der „Stiergott“ am Kreuz

Waren es anfangs Linolschnitte, fand der fantasievolle und kreative Österreicher sehr schnell mit der Monotypie zu einer überaus spannenden seriellen Drucktechnik, die dennoch ausschließlich Unikate hervorbringt. Diese können sowohl einen Abstraktionsprozess dokumentieren als auch einzelne Elemente – zum Beispiel durch Nacharbeit mit Tusche und Pinsel – besonders hervortreten lassen. Die Entscheidung liegt allein beim Künstler, was er in den entstehenden Strukturen entdeckt und zeigen will. Jedes Finden ist eine neue Überraschung! 

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Autodidakt und Praktiker mit Leib und Seele


Walter Winter gibt seinen Werken gern Namen: „Koala“ zum Beispiel, „The Hug“, „Jongleur# 3“, „Mann von La Mancha“, „Junge Frau 1“ oder „Tänzerin“. „Weil ich zu Assoziationen neige, bin ich allerdings oft auch bestrebt, dem Betrachter meiner Bilder im Titel nicht zu viel vorzugeben. Eine meiner jüngsten Monotypien, die Anfang des Jahres unmittelbar vor meiner ersten Einzelausstellung auf Burg Neuhaus entstanden sind, nannte ich ‚DANS’ – hergeleitet nicht etwa vom Tanz, den manches Auge vielleicht auch in dem Bild zu sehen vermag. Ich habe mich vielmehr vom lateinischen Ursprung des Wortes und seiner Bedeutung leiten lassen: Geber. Ich finde es schön, wenn sich Dinge ergeben. In der Kunst wie im Leben, einfach so“, erklärt Winter und fügt hinzu: „Ich bin ein reiner Autodidakt, der nie Kunst studiert hat. Das wiederum hat zur Folge: Ich mache durchaus Dinge, die mancher Absolvent einer Kunsthochschule wahrscheinlich nicht einmal in Erwägung ziehen würde. Ich bin Praktiker mit Leib und Seele, probiere viel lieber alles aus, was mir in den Sinn kommt, statt die Realität, wie ich sie sehe, detailgetreu abzubilden. In mir steckt ein Finder- und Erfindergeist.“

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Walter Winter zeigte Vielfalt in seiner ersten Einzelausstellung auf Burg Neuhaus mit Bildern, Skulpturen und Installationen.
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Genau deshalb wird es auch nie passieren, dass sich Walter Winter an einem Thema, an einer Technik, an einem Material bis zum St.-Nimmerleins-Tag abarbeitet. Neben den Monotypien findet er zum Beispiel längst auch das Erschaffen skulpturaler Material-Assemblagen, Steinskulpturen und raumgreifender Installationen mit philosophischem, spirituellem oder gesellschaftskritischem Ansatz immer reizvoller. Ohne zu suchen findet er dafür Holz, Schrott, Stein, Stahl, alte Maschinenteile … und kann alles, alles gebrauchen. Wenn nicht gleich, dann vielleicht schon morgen oder irgendwann. Entsprechend vollgestopft ist sein Atelier auf Burg Neuhaus, in dem er sich unendlich wohlfühlt, weil er seine Sachen hier wohl sortiert fest im Blick und immer griffbereit hat.

„In mir steckt ein Finder- und Erfindergeist.“

Walter Winter

Ehrgeizig: Einmal den „Arti“ gewinnen!

Entsprechend ideenreich sind aber auch seine Werke, mit denen Walter Winter seit 2006 bei stets wechselnden anspruchsvollen Themen und hochkarätigen Juroren in den Wettbewerben um den begehrten „Arti“, den Kunstpreis des Wolfsburger Kunstvereins, in der Region und weit darüber hinaus spürbar wachsende Anerkennung erfährt. 2016 erreichte Winter mit seiner Arbeit zum vorgegebenen Thema „Ich bin so frei“ den zweiten Preis. 2010 wurde seine Arbeit zu „Was wäre, wenn?“ mit dem dritten Preis ausgezeichnet.
 

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Sein Atelier auf Burg Neuhaus ist für Walter Winter künstlerischer Rückzugsort und Ideenherd zugleich.
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Die „Weltenmaschine“

„Mein Ehrgeiz ist geweckt, den ‚Arti’ einmal zu gewinnen. In meinem Kopf dreht sich momentan alles um das Thema für 2018: ‚Auf den Punkt’. Aber auch da bleibe ich mir, Picasso und dem Geheimnis der Kunst absolut treu: Nicht suchen, sondern finden“, so der charmante Kreativgeist.

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„Yell-Ow“ – Eine der Lieblingsarbeiten von Walter Winter.

Immerhin zeigte Walter Winter erst unlängst in seiner ersten Einzelausstellung auf Burg Neuhaus, die er demütig „Me as an Artist“ betitelte, dass er zum Beispiel mit seiner dreiteiligen Installation „AFRICA – time is different“ Dinge und Zustände beim Namen nennt. Ästhetisch brillant und doch schockierend direkt geht Walter Winter mit „and then he left Africa“ im Zeichen von Stierschädel und Kreuz mit der bezeichnenden Inschrift von Yen, Euro, Dollar und Pfund tendenziellen gesellschaftlichen Entwicklungen auf den Grund. Er legt den Finger in die Wunden unserer Zeit, indem er selbst auf die allumfassende Frage nach dem Sinn des Lebens im Kontext von Weltgeschichte, Traditionen, Sagen und Mythen, Religionen, Herrschaft, Macht, Unterdrückung, Ruhm und Geld Antworten findet, die mehr als nur betroffen und nachdenklich machen. (bc)