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Handwerk Spezial

Mehr Meister als Master benötigt

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Anreiz für den Karrierestart: Handwerker, die in Niedersachsen ihre Meisterprüfung bestehen, erhalten eine einmalige Prämie von 4.000 euro – eine finanzielle Anerkennung für die bestandene Prüfung und eine deutliche Aufwertung des meister-Titels. HANDWERKSKAMMER BRAUNSCHWEIG-LÜNEBURG-STADE

In Deutschlands Handwerk arbeiten zurzeit rund 5,4 Millionen Menschen, und obwohl die Zahl der Beschäftigten seit einigen Jahren fast stagniert, konnten die Handwerksbetriebe 2017 gegenüber dem Vorjahr ein Umsatzplus von rund 3 Prozent erwirtschaften. Doch trotz der positiven Konjunkturdaten und der verheißungsvollen Prognosen lässt sich kein spürbarer Imagegewinn für das Handwerk verzeichnen. Der markanteste Indikator dafür: Der Mangel an Auszubildenden. Statt aus den steigenden Umsatzzahlen zu schlussfolgern, dass Handwerksbetriebe eine solide Berufsperspektive bieten, entscheiden sich immer mehr junge Leute anstelle einer Lehre für einen Schulabschluss mit Abitur und ein daran anschließendes Studium. Im vergangenen Jahr bemühten sich 57 Prozent aller Schulabgänger um einen Studienplatz statt um eine Lehrstelle.Neue Bildungswege gefragtDie Folge: Im laufenden Ausbildungsjahr ist laut Angaben des Bundesinstituts für Berufsbildung jede zehnte Ausbildungsstelle im Handwerk unbesetzt geblieben. Weil es dringend an der Zeit ist, diesem tendenziellen Ungleichgewicht zwischen akademischer und beruflicher Bildung etwas entgegenzusetzen, entwickelte der Zentralverband des Handwerks (ZDH) gemeinsam mit der Kultusministerkonferenz das sogenannte „Berufsabitur“, das derzeit in den Bundesländern Niedersachsen, Hamburg, Baden- Württemberg, Nordrhein-Westfalen, Bayern und Sachsen getestet wird. Das Besondere an diesem Modell: Die Jugendlichen machen in vier Jahren nicht nur das Abitur, sondern zugleich eine Ausbildung. Und das Ziel soll nach den Vorstellungen des Zentralverbandes sein, dass es zudem mehr duale Studiengänge geben soll, bei denen die Auszubildenden ihren Gesellenbrief und einen akademischen Abschluss erlangen können. Mehr noch, denkbar wären künftig auch triale Studiengänge, bei denen junge Menschen zusätzlich den Meisterbrief erwerben.Werben für neue WegeSolche Modelle können jedoch nicht klassische Aufklärungsarbeit über die Zukunftschancen im Handwerk ersetzen. Überall in Deutschland gehen die Kreishandwerkerschaften zur Nachwuchswerbung in die Schulen. „Wir sind gerne bei Elternabenden dabei, um für die Vorteile einer handwerklichen Ausbildung zu werben und Zukunftsaussichten und Modelle für die Schüler zu zeigen. Unsere Innungen mit ihren Meistern gehen in den Schulunterricht, um ihren Beruf vorzustellen, und schon vorher werden in den Klassen die Interessen abgefragt, Und schließlich sind wir auch auf den Ausbildungsmessen präsent“, erklärt Dr. Andreas Bierich, Geschäftsführer der Kreishandwerkerschaft Region Braunschweig-Gifhorn.Meister und Master sind kein GegensatzDabei stellt sich oft heraus, dass den Schülerinnen und Schülern viele Informationen über die Vielfalt der Berufschancen im Handwerk völlig unbekannt sind. Zum Beispiel, welche Perspektiven sich denen bieten, die den Meisterbrief und ein eventuell daran anschließendes Studium anstreben. Oder dass viele Chefs von Handwerksunternehmen eines Tages aus Altergründen einen Firmennachfolger suchen. Ausgestattet mit all diesen Informationen setzen die Handwerkskammern seit einigen Jahren vermehrt auf Schul- und Jugendberater, die jungen Menschen Entscheidungskriterien bei der Auswahl einer geeigneten Ausbildung an die Hand zu geben. Sie halten Vorträge, beantworten Fragen, sprechen mit Eltern, organisieren Workshops mit Unternehmen, Speeddatings mit Handwerkern und Praxiskurse bei Innungen und sind Ansprechpartner bei Fortbildungen und Praktika für Lehrer. Eine interessante Erkenntnis hat sich aus vielen Gesprächen heraus kristallisiert: Mit der zunehmenden Digitalisierung aller Arbeitsprozesse wird auch der Verlust vieler klassischer Arbeitsplätze einhergehen. Dort, wo das Handwerk noch seinem Namen im wahrsten Sinne gerecht bleibt, werden die Jobs auch weiterhin krisenresistent bleiben.

Das Handwerk ist die attraktive Alternative zur akademischen Laufbahn