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Gifhorner Wirtschaftsspiegel

Nachhaltigkeit und Qualität im Backhandwerk

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In der Backstube üben die Back-Experten noch traditionelles Handwerk aus. Foto: Gesa Walkhoff

Qualität und Nachhaltigkeit sind zwei Prinzipien, die heutzutage eng miteinander verwoben sind. Zum einen wird für immer mehr Kunden Nachhaltigkeit zum Qualitätskriterium. Darüber hinaus zahlt eine nachhaltige Produktion auf die Qualität der Waren ein. Billige Massenware dagegen, bei der es in erster Linie um Gewinnmaximierung geht, macht es erforderlich, dass immer mehr, immer schneller und immer günstiger produziert wird. Das steht den Bemühungen um mehr Nachhaltigkeit beim Verbrauch unserer natürlichen Ressourcen und bei der Gestaltung menschenwürdiger Arbeitsbedingungen entgegen.Besonders offensichtlich ist dieser Zusammenhang in der Lebensmittelproduktion. Hier gehen Qualität und Nachhaltigkeit oft Hand in Hand, wie auch der Blick in die Backstube von Bäckermeister Torsten Hacke aus Ahnsen zeigt. Der Handwerker entwickelte ein Geschäftsmodell, das die Kunden überzeugt – auch wenn Brot und Brötchen etwas mehr kosten als im Discounter.

 

Regionale Zutaten

Regionale Zutaten verkürzen Transportwege. „Wir kaufen die meisten Rohstoffe in der Region“, sagt Hacke. „Die Mehle kommen alle von der Mühle Rüningen, die Milch vom 20 Kilometer entfernten Milch-Hof Osterwiese, die Butter aus Uelzen, Eier aus Flettmar.“

Beim Obst, das die Bäckerei für Gebäck verwendet, macht der Handwerker keine Kompromisse. Erdbeer-, Heidelbeer- und Pflaumenkuchen gibt es, wenn das Obst in der Region Saison hat. „Man muss nicht zu jeder Jahreszeit Erdbeerkuchen essen. Es ist auch mal ganz schön, sich auf etwas freuen zu können“, ist er überzeugt.

Keine Zusatzstoffe

Bei den Zutaten, die der Bäckermeister zum Backen braucht, achtet er darauf, dass sie keine unerwünschten Zusatzstoffe enthalten. Deshalb ist Hacke von herkömmlichem Meersalz, das heutzutage Mikroplastik enthalten kann, auf Tiefensalz umgestiegen. „Das stammt zwar auch aus einem Meer, doch das ist schon vor 250 Millionen Jahren eingetrocknet“, begründet er. Ebenso hält er es bei der Margarine für den Mürbeteig: Entgegen der herkömmlichen Produkte aus dem Supermarkt enthält sie bei ihm ausschließlich Sonnenblumenöl, Salz und Lecithin.

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Auch in der gläsernen Backstube ist Nachhaltigkeit angesagt, denn geheizt wird mit Pellets. Foto: Gesa Walkhoff

Auch bei der hauseigenen Produktion von Brot- und Brötchenteig setzt Hacke auf Bekömmlichkeit statt Geschwindigkeit. „Teig, der Zeit hat zu gehen, kommt auch ohne viele Zusatzstoffe aus. Fermentiertes Brot aus vorgequollenem Weizen braucht nur wenig Hefe und verursacht keine Bauchschmerzen. Alles, was vorgequollen ist, ist bekömmlicher. Außerdem bildet sich der Geschmack besser aus. Das nimmt in Herstellung und Lagerung allerdings Zeit in Anspruch.“

Tagesgenaue Produktion

Ein wichtiger Aspekt nachhaltiger Lebensmittelproduktion ist, Überproduktion zu vermeiden. Bei Großbetrieben sei das kaum möglich, sagt Hacke. Von einem befreundeten Bäcker weiß er, dass dort 20 Prozent Überschuss normal sind. Bei seinem überschaubaren Betrieb fallen nur vier bis fünf Prozent an. Deshalb sind einige Backwaren bei Ladenschluss oft nicht mehr vorrätig. Besonders bei Sahnestücken und belegten Brötchen achtet der Bäckermeister darauf, lieber früh ausverkauft zu sein, als etwas übrig zu behalten, denn: „Diese Produkte kommen in den Hausmüll. Da blutet einem das Herz. Mit Lebensmitteln muss man sorgsam umgehen“, findet er.

Andere nicht verkaufte Backwaren kann der Bäckermeister besser verwerten: „Wenn etwas übrig bleibt, bekommt es die Tafel oder ein Hobby-Landwirt für seine Schweine.“ Nicht verkauftes Roggenbrot verarbeitet er sogar selbst. „Das alte Brot wird gehäckselt und in den Roggen-Natursauerteig gemischt. Darin fermentiert es vollständig und sorgt dafür, dass das Brot länger frisch bleibt und durch die fermentierte Kruste intensiver schmeckt.“

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Ob Brotteig oder Käsebrötchen: Teig, der Zeit hat zum Reifen, kommt ohne viele Zusatzstoffe aus. Foto: Gesa Walkhoff

Gläserne Backstube

Sogar beim Holzbackofen lässt sich das Nützliche mit dem Nachhaltigen verbinden. Weil die Nachfrage nach Holzofenbrot und -Butterkuchen stieg, investierte Hacke in einen zweiten – gebrauchten – Ofen, den er modernisieren ließ. Das sparte Geld, verkürzte die Lieferzeit (auf einen neuen hätte er zwölf Monate warten müssen) und belastet die Umwelt weniger als ein neues Gerät. Durch den Umstieg auf Pellets aus Kiefer und Buche statt normalem Feuerholz kann er außerdem die Qualm-Entwicklung minimieren, denn Pellets enthalten weniger Feuchtigkeit. Beide Holzbacköfen stehen nun in seiner „ gläsernen Backstube“, die Hacke neben dem Hauptgeschäft in Ahnsen eingerichtet hat. Die Kunden freut’s: „Wenn sich wegen Corona Schlangen vor der Filiale bilden, haben alle was zu gucken“, sagt der Bäckermeister schmunzelnd.

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Im Holzbackofen geben Pellets dem Brot ein schmackhaftes Aroma und qualmen weniger als normales Feuerholz. Foto: Gesa Walkhoff

Traditionelle Handarbeit

Backen, wie es seinem Verständnis vom Handwerk und seinem Qualitätsanspruch genügt, ist für Hacke wichtiger, als viele Filialen zu betreiben. Deshalb werden die meisten Arbeitsschritte von zwölf Gesellen und ihm per Hand erledigt, wo andernorts Maschinen die Produktion übernehmen. Das dauert manchmal länger und ist in jedem Fall teurer. „Wir sind ein kleiner Handwerksbäcker, kein Großbetrieb, und ich will auch keine weiteren Filialen eröffnen. Ich arbeite lieber mit Menschen zusammen als mit Maschinen.“