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Autokino Gifhorn

Parken, träumen, knutschen

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Michael Wallmüller

Ob romantischer Ort für Verliebte, die nach Einbruch der Dämmerung unter Ausschluss der Öffentlichkeit ganz ungehemmt knutschen konnten, oder Anlaufpunkt für Filmfanatiker – lange Zeit hatte das Autokino Kultstatus.Auto und Kino – beide Erfindungen entwickelten sich Anfang des 20. Jahrhunderts zu Massenattraktionen. Klar, dass diese Technologien alsbald zusammenfanden. Richard Holingshead, Eigentümer einer Firma für Autopflegemittel, war der Erste, der am 6. Juni 1933 im Staat New Jersey, USA, eine Fläche für Autos freigab und einen Film auf eine große weiße Mauer projizierte. Rund 350 Fahrzeuge fanden dort Platz, gezeigt wurde „Wife Aware“. Doch Hollingsheads Autokino musste bald wieder schließen. Zu heftig hatten sich Anwohner über den Lärm des Freiluftkinos beschwert, denn der Ton kam zunächst noch aus einer Lautsprecheranlage.   

Revival eines Kults aus den Sechzigerjahren


In den 1950er-Jahren erlebte das Autokino einen Boom. Das preiswerte Vergnügen für die ganze Familie, die Freiheit, beim Kino schauen zu essen oder zu rauchen – war verlockend. Vor allem aber verdankten die „Ozoner”, wie man die Open Airs liebevoll nennt, ihren Erfolg der Prüderie Amerikas. In einem Land, wo man auch heute nicht in der Öffentlichkeit küsst, bot die Privatsphäre des eigenen Autos im Open-Air-Kino mehr Möglichkeiten der Annäherung. Man fuhr in Papas Chevy ins Kino, vorzugsweise mit offenem Verdeck, und fühlte sich fast wie eine Figur aus einem James-Dean-Film.

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In den 1960er-Jahren schwappte der Trend aus den US auch nach Deutschland. Das erste deutsche Autokino eröffnete 1960 in Grafenburch bei Frankfurt, wenige Jahre später eröffneten 1968 und 69 in Köln Porz und Essen weitere Autokinos. Es gab Eiswagen und an den Ständern für die Lautsprecher gab es Kippschalter für den Platzservice. Wenn Zuschauer diese betätigten, leuchtete ein grünes Lämpchen auf und die fahrbaren Snacks wurden direkt ans Auto geliefert.

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In der Anfangszeit wussten viele Eltern nicht, was Autokinos sind, wenn sie ihren Kindern das Auto geliehen haben. Es war die Zeit, in der manche Eltern von Nachbarn wegen Kuppelei angezeigt wurden, wenn diese ihre Sprösslinge allein ins Jugendzimmer ließen. Wen wundert’s da, dass in jener Zeit besorgte Eltern vorbeikamen und nachschauten, was ein Autokino überhaupt ist. Erschreckt darüber, dass die jungen Leute da ganz allein zusammen im Auto saßen, forderten sie den Vorführer auf, doch sofort die Tochter über Lautsprecher ausrufen zu lassen.

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Monamonash/123R


Die Filme der 60er und 70er zielten vor allem auf ein Teenager-Publikum. Beachoder Highschool-Filme bestimmten das Programm der Leinwände, die kontinuierlich zurückgingen. Vor allem der Umstand, dass irgendwann jeder einen Fernseher zu Hause stehen hatte, ließ die Zahl der Autokinos sinken.

Der große Einbruch kam mit dem Wachsen des Homevideo marktes. Schon gewöhnliche Kinos hatten es schwer. Mit der Privatisierung des Fernsehens brachten immer mehr neue TV-Sender Spielfilme in die Wohnzimmer – ein weiterer Aspekt, der den Autokinos Probleme bereitete.

Heute gibt es in Deutschland noch rund zehn stationäre Autokinos. Einige funktionieren nach einem bestimmten Prinzip: Jeden Samstag gibt es tagsüber einen Automarkt als Geldbringer und abends strahlt der Beamer. Aber der Trend zu mobilen Autokinos ist da. Die Veranstaltungen sind zeitlich begrenzt und besitzen Event-Charakter. So kommt das Nostalgie-Feeling zurück.