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City Magazin Gifhorn Winter 2020

Grundschulkinder erleben Wunderwald bei Naturprojekt in Bokelberge

Grundschulkinder erleben Wunderwald bei Naturprojekt in Bokelberge

Jahr für Jahr zog Corinna Michelsen mit den Tieren ihres Hofes in Bokelberge auf den Gifhorner Weihnachtsmarkt, um dort zusammen mit Kindern ein lebendiges Krippenspiel zu gestalten. Eine lieb gewonnene Tradition, auf die wir in diesem Jahr leider verzichten müssen. Ein Trost - pflaster gibt es dennoch: Statt auf dem Weihnachtsmarkt erleben Kinder ein ganzes Jahr lang Wald, Natur und Tiere hautnah – im Rahmen eines geförderten Projektes. Der „Wunderwald“ ist ein ganzjähriges Naturabenteuer für Kinder im Wald, das von der Jägerschaft Gifhorn getragen und von der Niedersächsischen Bingo-Umweltstiftung gefördert wird. Für das Projekt stellt die benachbarte Eigentümergemeinschaft einen Teil ihres Forstes zur Verfügung – eine vom Borkenkäfer befallene Fichtenfläche, die neu bepflanzt werden soll. „Wir passen unsere Aktionen den Jahreszeiten an“, sagt Kindercoach Corinna Michelsen, die mit einigen Dutzend Tieren auf ihrem Hof in Bokelberge lebt und den „Wunderwald“ gemeinsam mit Diana Denzer und der Jägerschaft Gifhorn organisiert. Für das Projekt zieht eine Gruppe von zwölf Kindern im Grundschulalter einmal pro Monat in Wald und Natur, um auf spielerische Weise Umweltschutz zu erlernen.

Weihnachten im Wald

Umweltbewusstsein vermitteln

„Wir wollen nicht therapieren, wir wollen Spaß haben und Umweltbewusstsein vermitteln,“ erklärt Michelsen. Dass Jäger auch Naturschützer sind und der Wald als außerschulischer Lernort dienen kann, sind dabei weitere Erfahrungswerte. „Neben dem praktischen Anteil geht es immer auch um die Förderung der Sinneswahrnehmung im Wald“, erklärt Diana Denzer. Denzer ist selbst Jägerin und seit langem in der Jugendarbeit aktiv. Ihr liegt es am Herzen, die Tätigkeiten der Jägerschaft auch mal in ein anderes Licht zu rücken. „Durch die Beteiligung der Jägerschaft wurde die Idee zu einer runden Sache“, berichtet Michelsen. Und auch über die Bereitschaft der Forstgemeinschaft, ein passendes Stück Wald zur Verfügung zu stellen, freut sie sich. „Sie hatten schon lange vor, etwas für Kinder zu tun.“ Das gewählte Waldstück passt perfekt: Es ist vom Hof aus gut zu erreichen und dennoch abgelegen genug, dass sich dort auch Wildtiere einfinden. Ende Oktober traf sich die kleine Gruppe zum ersten Mal zum Kennenlernen im Strohkreis. „Wir haben jedes Mal ein Thema und eine feste Struktur“, sagt Michelsen. „Zunächst sitzen wir zusammen, erzählen, was wir erlebt haben, dann wird kurz das aktuelle Thema angerissen. Anschließend gehen wir in den Wald, wir basteln oder bauen etwas, das zum Thema passt. Zurück auf dem Hof wird noch gemeinsam gekocht und gegessen.“ Vier Stunden, von zehn bis 14 Uhr, sind die Kinder unterwegs. Und doch, so Michelsen, reiche die Zeit kaum. „Es gibt viel zu erzählen, zu erkunden und zu erforschen.“

Baumriesen und nützliche Sträucher

Und wie sollte es anders sein, beim ersten Termin standen die Hauptdarsteller des Waldes, die Bäume, im Mittelpunkt. Die Kinder berichteten, was sie über die großen grünen Riesen wussten, Michelsen ergänzte Wissenswertes. Dann durfte sich jedes Kind einen Strauch aussuchen. Zur Auswahl standen Sorten, die für Insekten und Vögel nützlich sind: Haselnuss, Holunder, Hartriegel, Schneeball und Felsenbirne. Im Waldstück pflanzten die Kinder ihren Strauch dann an einen geeigneten Platz.

Die Sträucher wurden auch noch liebevoll mit Namensschildern versehen. „Wir wünschen uns, dass die Kinder ihren Strauch über das Jahr und darüber hinaus begleiten und dass auch Eltern mit in den Wald kommen“, so Michelsen und Denzer.

Auf dem Heimweg schaute Michelsen sich mit den Kindern noch einige Baumarten genauer an: Wie fühlt sich die Rinde an, wie sind die Blätter geformt, wie färbt sich das Laub im Herbst? Zurück auf dem Hof gab es Gemüseerntesuppe am Lagerfeuer.

Im November beschäftigt sich die Gruppe mit den Wildschweinen. Es wird eine Laubhütte gebaut, ähnlich den Kesseln, die Wildschweine für sich nutzen. Die hofeigenen Wildschweine erfahren eine genauere Betrachtung. Mit etwas Glück lässt sich eines der Tiere die Borsten kraulen. Eine Nachtwanderung ist geplant, um auch mal einen Abend im Wald mit den Geräuschen und Gerüchen der Nacht zu erleben. Am Lagerfeuer soll zum Abschluss Stockbrot gegrillt werden.

Wunderwald im Winter

„Weihnachten im Wald“ heißt es dann passend zum Termin im Dezember. Die Gruppe wird Vogelfutterhäuser bauen und Äpfel mit Kernen als Gabe in den Wald bringen. Das ist nicht nur ein Schmaus für die vielfältige Vogelwelt, auch andere Wildtiere fressen gern die Äpfel. „Vielleicht suchen wir uns auch einen Tannenbaum aus, den wir mit Möhren schmücken und unter dem wir Kartoffeln und Eicheln verteilen“, überlegt Michelsen.

Auf dem Hof werden natürlich gemeinsam Kekse im Lehmofen gebacken. Unabhängig von der „Wunderwald“- Gruppe hofft Michelsen, das traditionelle „Weihnachten in Bokelberge“ mit Geschichten am Lagerfeuer, Basteleien für die Kinder und einem Rundgang über den Hof im Kerzenschein durchführen zu können.

Bei den weiteren Winterterminen im Januar und Februar dürfen die Kinder schnitzen, sich mit Feuer und Holz auseinandersetzen und, je nach Wetterlage, Tierspuren suchen und Trittsiegel selbst herstellen. Auch Salzlecksteine für die Wildtiere sollen entstehen und aufgestellt werden. Wenn es dann Frühjahr wird, heißt es „Alle Vögel sind schon da“: Die Gruppe wird Nistkästen aufbauen und aufhängen. Viel Spaß und Bewegung verspricht ein selbst eingerichteter Niedrigseilgarten. Im April, wenn es überall wieder summt und brummt, bauen die Kinder natürlich Insektenhotels und stellen Tees aus Kräutern und Blüten her. Auf dem Weg in den Wald soll auch noch ein wenig „Land Art“ entstehen. Im Mai wird aus selbst erstellten Samenbomben ein Wildacker angelegt und passend dazu Blütenzucker und Kräutersalz hergestellt.

Im Juni werden die Kinder durch den Wald pirschen und Fuchs- und Dachsbauten aufsuchen. Im Juli soll es dann ein Abschlussfest geben, für das Futterschütten für Rebhuhn und Wildvögel gebaut und Leckereien aus Brennnesseln und Kräutern hergestellt werden.

Die zwölf Kinder der Gruppe erwartet ein spannendes Jahr mit und in der Natur. Corinna Michelsen und Diana Denzer hoffen auf eine Fortführung des Projektes im nächsten Jahr – mit weiteren Kindern, die sich auf das Abenteuer Wald einlassen wollen. (MZ)