Anzeige
20 Jahre Bundesliga 1997-2017

Der Heinzer und der Dauer-Masseur

Der Heinzer und der Dauer-Masseur Bildunterschrift anzeigen Bildunterschrift anzeigen

Mädchen für alles: Heinz Mies war jahrelang die gute Seele der VfL-Mannschaft – Betreuer, Zeugwart, Freund und mehr. Nach seinem Tod im Januar 2010 gab es vor dem Heimspiel gegen Köln eine Gedenkminute. Fotos (2): Boris Baschin 

20 Jahre, 20 Geschichten – die AZ/WAZ-Serie zum Bundesliga-Jubiläum des VfL (10): Das Team hinter dem Team 

Spieler und Trainer sind bei den Bundesligisten in aller Munde. Manager, Geschäftsführer und Sportliche Leiter ebenso. Doch es gehören noch wesentlich mehr Menschen dazu, um für positive Schlagzeilen oder sogar für Titel zu sorgen. Menschen, die nicht so im Fokus stehen, in 20 Wolfsburger Bundesliga-Jahren aber unverzichtbar waren: das Team hinter dem Team. Ein „Mädchen für alles“ Als sich der Zweitligist VfL 1997 anschickte, in die Eliteklasse des deutschen Fußballs aufzusteigen, war die Mannschaft hinter der Mannschaft noch überschaubar. Masseur Manfred Kroß (siehe Interview) zählte dazu, ebenso Mannschaftsarzt Dr. Andreas Herbst. Und Wolfgang „Coluna“ Schoenke, der Betreuer von Kapitän Jann Jensen und Co.. Nach nur einem Jahr wurde der Betreuerstab vergrößert, Schoenke bekam Unterstützung von Peter Steinborn und Heinz Mies. „Heinzer“, wie Letzterer von den Spielern und seinen Freunden gerufen wurde, entwickelte sich zum „Mädchen für alles“. Der 2010 verstorbene Mies besorgte unter anderem Wohnungen für die Neuzugänge, half den Spielerfrauen bei größeren Einkäufen – und hatte den Fuhrpark der Profis unter sich. 

20 Jahre Bundesliga 1997-2017

Der Heinzer und der Dauer-Masseur-2

„Man kann kaum beschreiben, wie wichtig Heinz für den Verein und für die Spieler war“, erinnert sich Roy Präger. Unterstützt wurde Mies auch von Manuel Vuia, damals Platzmeister im VfL-Stadion am Elsterweg. „Wir haben kleine Dinge im Haus, ob Steckdosen anbauen oder Möbel aufstellen, erledigt“, erinnert sich Vuia, mittlerweile im Ruhestand. Wenig später stieß Heribert Rüttger als Zeugwart dazu. Der Pfälzer, der zusammen mit Wolfgang Wolf in einem A-Jugend-Team gekickt hatte, ist bis heute geblieben und mittlerweile echter Wolfsburger.

Für die Öffentlichkeitsarbeit wurde damals mit Uwe Stein ein Mann von Volkswagen Teilzeit- verpflichtet, ihm folgte Miriam Herzberg (heute Medienbeauftragte bei Zweitligist Eintracht Braunschweig) als erste Vollzeit-Pressesprecherin des VfL. Viel mehr Team ums Team gab es in den Anfangsjahren nicht. „Das war in der Tat noch gut überschaubar“, erinnert sich Masseur Manfred Kroß, der von 1996 bis heute dabei geblieben ist.

Der Heinzer und der Dauer-Masseur-3
Das Ein-Mann-Team hinter dem Team: Wolfgang Schoenke (r.) war Betreuer der Aufstiegshelden von 1997. Imago 09982302
Der Heinzer und der Dauer-Masseur-4
Dauerbrenner: Dr. Andreas Herbst (l.) war 25 Jahre Mannschaftsarzt, Masseur Manfred Kroß (r., in der Mitte André Breitenreiter) ist seit 1996 bis heute dabei. Imago 00045026 


Mit der sportlichen Entwicklung wurde auch der Stab des Bundesligisten größer. Neben den Chef- und Co-Trainern gab plötzlich auch Torwarttrainer – den Anfang machte Ex-VfL-Keeper Jörg Hoßbach (1997 bis 2008) –, später spezielle Konditionstrainer wie Meister-Fitmacher Werner Leuthard, den Felix Magath nach Wolfsburg lotste. Auch Masseur Kroß bekam mit Jörg Drill Unterstützung an der Massagebank. Und die vier Letztgenannten hatten am größten Erfolg der Vereinsgeschichte, der Meisterschaft 2009, maßgeblichen Anteil. Nach dem Meisterjahr kam mit Michele Putaro ein weiterer Physiotherapeut, der auch heute noch der Erste bei angeschlagenen Spielern auf dem Platz ist, dazu. In der medizinischen Abteilung setzten und setzen die Wolfsburger auf Kontinuität. Dr. Andreas Herbst machte 2011 – nach fast 25 Jahren – Schluss, sein Kollege Dr. Günter Pfeiler ist seit 1998 im Amt.

Der Heinzer und der Dauer-Masseur-5
Spaß im Wintertrainingslager 2004: (v. l.) Betreuer Heinz Mies, Linksaußen Martin Petrov und Zeugwart Heribert Rüttger, der heute einer der dienstältesten VfLer ist. Imago 01731794  
Der Heinzer und der Dauer-Masseur-6
Die erste Vollzeit-Pressesprecherin des VfL: Miriam Herzberg 2000 mit Manager Peter Pander. Imago 00216558 

Ex-Profis im Einsatz

Neben Dauerbrennern waren rund ums Team immer wieder wichtige Helfer dabei, die ihren Anteil am Weg des VfL in der Bundesliga hatten, auch wenn sie nicht jahrzehntelang blieben. Dazu gehören die Physiotherapeuten Majid Glatz (2004/05), und Egil Eliassen (2005 bis 2009), die Reha- und Konditionstrainer Wolfgang Savoy (2009 bis 2011) und Alessandro Schoenmaker (2010/11), oder auch Betreuer Ari Mohammad (2009 bis 2011), der sich der kleinen und manchmal auch großen Sorgen der Spieler annahm. Auch Aufstiegsheld Präger ist ein Teil der Mannschaft hinter der Mannschaft. Der Ex-Profi war knapp drei Jahre als Teammanager nah dran, arbeitete im Marketingbereich und ist jetzt sportlicher Leiter der Fußballschule des Bundesligisten. Auch Ex-Teamkollegen wie Holger Ballwanz (Fanbeauftragter) oder Mathias Stammann (Nachwuchstrainer) sind beim VfL heute noch voll im Einsatz. 

Der Heinzer und der Dauer-Masseur-7
Der erste VfL-Torwarttrainer: Ex-Keeper Jörg Hoßbach (r.) machte den Job von 1997 bis 2008. Imago 00070732 
Der Heinzer und der Dauer-Masseur-8
Dauerbrenner: Roy Präger arbeitete nach der Karriere als Teammanager und ist heute mit der Fußballschule des VfL auch international unterwegs. 

Zum Team hinter dem Team gehört auch die Medienabteilung. Was mit einem Teilzeit-Pressesprecher begann, wurde unter Herzberg, Kurt Rippholz, Rolf Dittrich, Gerd Voss und Oliver Schraft immer größer – heute hat die vom gebürtigen Schwaben Florian Mattner geleitete „Abteilung Medien und Kommunikation“ 20 Mitarbeiter und Mitarbeiterinnen, darunter als Dauerbrennerin Barbara Ertel-Leicht, die bereits seit knapp 15 Jahren dabei ist.

Nächsten Mittwoch: Die Transfer-Rekorde 

In dieser Woche vor 20 Jahren

Der Heinzer und der Dauer-Masseur-9
Platzverweis in Kaiserslautern: Mathias Stammann.

Ein neuer zwei-Jahres-Vertrag, dazu die Rückkehr in die VfL-Stammelf – bei Mathias Stammann läuft‘s. Da kommt das zweitliga-Topspiel beim 1. FC Kaiserslautern wie gerufen, um das frisch gewonnene Selbstvertrauen zu demonstrieren.

Doch nach nur 35 Minuten ist Stammanns Auftritt auf dem mit 38.000 Zuschauern (darunter 800 Wolfsburger) ausverkauften Betzenberg beendet. Je einmal Gelb für Ballwegwerfen und für ein (Allerwelts-)Foul an Lauterns ratinho – das macht Gelbrot. „Die zweite Karte war zu hart“, sagt der Sünder, gibt aber kleinlaut zu: „ich habe die Mannschaft früh geschwächt...“

Wie sehr, zeigt sich in Hälfte zwei. Können die Gäste noch ein 0:0 in die Pause retten, machen ihnen die roten Teufel danach die Hölle heiß. „zu zehnt kann man gegen so ein Team nichts machen“, sagt VfL-Torhüter Uwe Zimmermann, der klasse hält, die Schüsse von Jürgen Rische, Ratinho, Wynton Rufer und Thomas Riedl aber passieren lassen muss. Fertig ist das 0:4.

An der Seitenlinie geraten die Trainer Willi Reimann (VfL) und Otto Rehhagel (FCK) aneinander, liefern sich nach dem Stammann-Platzverweis ein hitziges Wortgefecht. Während Reimann („Otto hat angefangen“) hinterher nicht näher darauf eingehen will, beweist „König Otto“ seinen Hang zur Arroganz. Rehhagel süffisant: „Die Wolfsburger zeigen ganz gute Ansätze, aber in diesem Jahr werden sie den Aufstieg wohl nicht schaffen...“

Doch auch in den Reihen der Grün-Weißen werden leise Zweifel an der eigenen Bundesligareife angemeldet. „Dazu muss man auch mal einen Punkt bei einem Spitzenteam holen“, sagt Zimmermann mit Blick auf die rückrunden-Pleiten bei Hertha BSC (0:1) und nun in Kaiserslautern. Nur gut, dass als Nächstes der VfB Oldenburg kommt – denn der ist Vorletzter. 

„Ein Betreuer, der Arzt und ich – das war damals alles“ 

Er ist der Dienstälteste im Bundesliga-Tross des VfL Wolfsburg: Masseur Manfred Kroß. Am 1. Juli 1996 trat der heute 49-Jährige seinen Dienst an, saß beim damaligen Zweitligisten in der Auswärtspartie bei Fortuna Köln (0:2) auf der Bank.

Der Heinzer und der Dauer-Masseur-10

Über 20 Jahre sind Sie dabei. Hatten Sie 1996, als Sie beim VfL anfingen, erwartet, dass es so lange dauern wird?

Nein, es war ja auch alles überraschend. Als der Anruf von Peter Pander kam, hatte ich gerade bei Eintracht Braunschweig ausgeholfen, und zudem im Reha-Zentrum in Braunschweig gearbeitet.

Wie sah der Anfang beim damaligen Zweitligisten aus?

In meinem Bereich war ich quasi alleine. Neben mir gab es noch Betreuer Wolfgang Schoenke und Mannschaftsarzt Dr. Andreas Herbst – das war alles.

Heute sieht das anders aus...

In der Tat. Heute sind wir fünf Physiotherapeuten, ein Chiropraktiker und zwei Ärzte, die sich allein um das Wohl der Spieler kümmern.

Eine rasante Entwicklung, oder?

Ja sicher, im ganzen Verein. Früher kannte man jeden einzelnen Mitarbeiter beim VfL, das geht heute gar nicht mehr. Und dass es mal Abteilungen wie das Rechnungswesen oder andere geben sollte, ahnten wir damals noch nicht.

Was waren die sportlichen Highlights?

Natürlich der Aufstieg 1997. Wenn ich heute Holger Ballwanz oder Roy Präger treffe, ist das immer noch ein Thema. Und dann natürlich die Meisterschaft 2009. Das war die Belohnung für ein ganz tolles Jahr. Das Kribbeln in der Endphase, die Fans, die uns zum Titel getragen haben, das war schon etwas ganz Besonderes. Genauso wie der Pokalsieg 2015.

An welchen Trainer und Spieler denken Sie gerne zurück?

Bei den Trainern hat mich Erik Gerets als Typ sehr beeindruckt. Und Dietmar Demuth, ein perfekter Co-Trainer. Bei den Spielern waren neben dem Duo Präger/Stammann noch Dante und Grafite die witzigsten Typen. Und Naldo nicht zu vergessen, ein immer positiver Mensch.