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Samtgemeinde Meinersen

Hof Rautenberg in Müden: Solidarisch, ökologisch, gut

Hof Rautenberg in Müden: Solidarisch, ökologisch, gut

Das ist Solawi

Auf einem kleinen Hof im Langenklint will sich ein engagiertes Paar nicht damit zufriedengeben, über Missstände in der Lebensmittelproduktion zu klagen, sondern neue Wege ausprobieren. Ihr Ansatz ist die sogenannte „solidarische Landwirtschaft“. Während den Produzenten im konventionellen Bereich oft nur die Wahl bleibt, sich selbst oder die Natur auszubeuten, um wirtschaftlich zu überleben, finanzieren die Verbraucher hier den Erzeuger direkt. Dadurch ermöglichen sie ihm, eine vielfältige Landwirtschaft, die gesunde Nahrungsmittel produziert und die Umwelt schützt, zu fördern. Was sich zunächst wie die Utopie ‚von ein paar linken Spinnern‘ anhört, funktioniert tatsächlich!

Nadja und Martin Rautenberg sorgen für mehr Nachhaltigkeit in der Landwirtschaft

Wie geht das?

Martin Rautenberg erklärt das Prinzip: „Anfang des Jahres findet das Haupttreff en mit unseren Mitgliedern statt. Wir geben das Budget bekannt, das wir für das Jahr benötigen. Dann fragen wir, wie viele Anteile unsere Mitglieder erwerben wollen und ob Eier oder Milch dabei sein sollen. Anschließend schreibt jeder anonym auf einen Zettel, was er bezahlen möchte. Falls die Gesamtsumme nicht ausreicht, muss nachgeboten werden.“ Und das funktioniert? „Nur wir wissen, wer wie viel Geld geboten hat. Es passt tatsächlich: Wer gut verdient gibt mehr und subventioniert damit diejenigen, die weniger haben. Auf diese Weise kann wirklich jeder mitmachen!“, ist der Gemüsebauer überzeugt.

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Auf ihrem Hof haben Rautenbergs eine Abholstation eingerichtet. Fotos: Gesa Walkhoff

Einmal wöchentlich holen sich die Mitglieder ihre Anteile in Form von frischen Nahrungsmitteln ab – entweder direkt vom Hof oder von einer der vielen Abholstationen, die Rautenbergs in diversen Orten, von Celle bis Weyhausen, eingerichtet haben. Das ist ökologischer, als wenn alle Abnehmer einzeln in den Langenklint fahren müssten. Auch bei „Naturkost an der Oker“ in Meinersen und in Seershausen gibt es Stationen. Über das Internetforum der Rautenbergs erfahren die Mitglieder, welche Produkte jeweils in ihren Anteilen enthalten sind. „Damit nehmen wir unseren Mitgliedern die Entscheidung ab, was es bei ihnen zu essen gibt“, erklärt der Gemüsebauer schmunzelnd. „Im Winter gibt es mehrere Wochen lang Kohl, dafür keine Tomaten. Darauf muss man sich einlassen können.“ Deshalb sei das Solawi-Konzept auch nicht für jeden geeignet. „Am besten ist es, wenn man Interesse an klassischen Formen der Haltbarmachung mitbringt“, rät Martin Rautenberg. Darüber hinaus tun die beiden Gemüsebauern alles, um die Saison für ihre Produkte durch zeitversetzten Anbau und mithilfe ihrer Gewächshäuser auszudehnen.

Was ist daran ökologisch?

Martin Rautenberg ist überzeugt, dass in der solidarischen Landwirtschaft viel Potenzial liegt, um aktuelle ökologische Probleme zu lösen. Beispiel Bodenqualität: „Zwischen den Gemüsereihen haben wir Obstbäume angepflanzt, die als Windschutz dienen werden. In trockenen Sommern verhindern sie, dass Staubteufel die Nährstoff e vom Feld tragen.“ Auch die schonende Ernte zahlt auf die Bodenqualität ein, weil die Wurzeln der Kulturen und damit deren Nährstoff e im Boden bleiben. Darüber hinaus planen Rautenbergs ab nächstem Jahr, mit einer neuen Anbautechnik zu arbeiten. Mit ihr wird es möglich sein, in Mulch zu pflanzen. „Dadurch verdunstet weniger Wasser. Boden und Pflanze werden geschont sowie Beikraut vermieden“, erklärt der Gemüsebauer.

Ein wichtiger Faktor in puncto Nachhaltigkeit ist, dass viel mehr von dem, was man erntet, auch verwertet wird. „Im Gemüseanbau gibt es in der Regel 30 bis 40 Prozent Ausschuss, wenn zum Beispiel die Gurken zu krumm sind.“ Rautenbergs dagegen geben alles an die Mitglieder weiter, was nicht verdorben ist. Das gilt auch für Eier. Konventionell wirtschaftende Betriebe müssen viele Eier aussortieren, weil sie schmutzig oder zu groß sind. In der Solawi finden auch diese Produkte den Weg zum Verbraucher.

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Auf dem Hof der Rautenbergs gibt es immer was zu tun: Ob auf dem Gemüseacker, im Gewächshaus oder beim Federvieh. Fotos: (5) Gesa Walkhoff

Wer macht mit?

Zwar gibt es mittlerweile eine ganze Reihe von Solawi-Höfen in Deutschland, aber in dieser Region sind Rautenbergs bislang die Einzigen. Doch sie sind Kooperationen mit anderen Nahrungsmittelproduzenten eingegangen, um ihr Angebot zu erweitern. Ein Teil ihrer Jungpflanzen wächst bei Bernards in Päse. Milch gibt’s vom Biohof Johns in Ummern, wo die Kühe ganzjährig auf der Weide bleiben und die Kälber so lange mit den Mutterkühen mitlaufen können, wie sie wollen. Vierter im Bunde ist der Ziegenhof Fisker aus Wahrenholz.

Der verarbeitet neben eigener Ziegenmilch nun auch die Milch von Johns Kühen zu Käse, Joghurt und Butter. Außerdem gibt es bereits neue Pläne: „Im nächsten Jahr würden wir gerne auch Getreide ökologisch anbauen lassen, das uns ein Bäcker zu Brot backt.“

Idealismus + Mut = Erfolg

Weder Nadja noch Martin Rautenberg sind gelernte Gemüsebauern. Beide haben die Landwirtschaft als Kinder auf den Höfen ihrer Großeltern kennengelernt, sich beruflich jedoch vollkommen anders orientiert. Erst im Jahr 2014 haben sie den Hof im Langenklint gekauft, um dort selbst Lebensmittel zu produzieren. Dann sahen sie einen Bericht über solidarische Landwirtschaft im NDR. Sie erkundigten sich bei bestehenden Solawi-Höfen, verschlangen Bücher über Gemüseanbau und suchten einen Gärtner, der sie mit seinem Wissen unterstützen sollte. Doch kaum hatten sie in die ersten Jungpflanzen und Geräte investiert und 40 Mitglieder gewonnen, da stieg der Mann aus. Sie beschlossen, das Abenteuer auf eigene Faust zu wagen. „Wir erhielten viel Unterstützung aus dem Solawi-Netzwerk. Ein Hof aus Hannover schickte uns eine Gärtnerin. Auch andere Solawi-Berater haben geholfen.“ Schließlich fanden sie wieder eine Gärtnerin und stockten zu diesem Jahr die Mitarbeiterzahl sogar noch einmal auf.

Mittlerweile umfasst ihre Gemeinschaft fast 120 Mitglieder, sodass Martin Rautenberg beschlossen hat, in Vollzeit Gemüsebau zu betreiben. Er weiß, auf was er sich einlässt. „Ich verdiene weniger, ich arbeite mehr. Aber es lohnt sich.“

Das ist Solawi

Klimaschutz, Artenschutz, gesunde Lebensmittel, faire Preise für Kunden und Erzeuger – das sind die wichtigsten Vorteile der solidarischen Landwirtschaft. Dazu bilden landwirtschaftliche Betriebe eine Gemeinschaft mit privaten Haushalten. Die finanzieren die Solawi-Höfe mit einem monatlichen Beitrag und erhalten dafür wöchentlich frisches Obst und Gemüse aus ökologischem Anbau.

Wer möchte, kann auch seine eigene Arbeitskraft auf dem Feld oder im Gewächshaus mit einbringen.

Interessiert?

Infos zur Solidarischen Landwirtschaft auf dem Hof Rautenberg, zum Mitmachen sowie einen Veranstaltungskalender finden Sie unter https://hof-rautenberg.de