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Bundesliga 2017/2018

Streich ist Trainer des Jahres

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Freiburgs Trainer Christian Streich steht vor einer erneut schwierigen Saison.

Meistertrainer Ottmar Hitzfeld (68) spricht im Interview mit Marco Fenske über die neue Bundesligasaison, sagt, wieso Dortmund Bayern-Jäger Nummer eins ist, warum er einen brutalen Abstiegskampf erwartet – und vieles mehr …

Herr Hitzfeld, warum wird Bayern in dieser Saison mal NICHT deutscher Meister?(lacht) Weil alle anderen Vereine streiken. Spaß beiseite: Ich kann es mir nicht vorstellen. Bayern ist in der Breite am besten aufgestellt und auch in diesem Jahr der große Favorit.Wer wird der Jäger Nummer eins? Borussia Dortmund oder doch RB Leipzig?Leipzig muss diese sensationelle Saison erst einmal verarbeiten. Dazu kommt die Champions League, die vom normalen Betrieb ablenken wird. Wenn Leipzig wieder unter die ersten vier kommt, wäre das eine große Leistung. Ralf Rangnick ist der Vater des Erfolgs, der Stratege, der im Hintergrund alles plant und sich das Personal aussucht. Mit Ralph Hasenhüttl hat er einen Trainer, der eine echte Einheit geformt hat. Mich hat die Art, wie RB Fußball gespielt hat, begeistert.In Dortmund endete die Saison mit einem Knall: Hans- Joachim Watzke entließ nach Dauerquerelen Trainer Thomas Tuchel. Wie haben sie das verfolgt?Ein Trainer muss sich anpassen und sich der Philosophie des Vereins unterordnen. Da habe ich eine altmodische Denke. Die ganze Angelegenheit hat Borussia Dortmund geschadet, es gab Kratzer am Image. Dortmund ist auch diese Saison der stärkste Konkurrent der Bayern. Ich freue mich, dass Pierre-Emerick Aubameyang bleibt – mit ihm ist Dortmund 20 Prozent stärker. Er ist eine Bereicherung für die Bundesliga, Hans-Joachim Watzke hat ein gutes Zeichen gesetzt.Ist Aubameyang für Dortmund so wertvoll wie Lewandowski für Bayern?Noch wertvoller. Lewandowski kann man auch mal durch Müller ersetzen, der ebenfalls Weltklasse verkörpert. Aubameyang kann Dortmund nicht ersetzen.

Bundesliga 2017/2018

„Streich ist Trainer des Jahres.“

Apropos Müller. Um seine künftige Rolle bei Bayern gab es zuletzt Diskussionen. Können Sie diese nachvollziehen?

Ancelotti hat vergangene Saison mehr auf Thiago gesetzt, der eine super Saison gespielt hat. Thiago ist spielstärker, Müller durchschlagskräftiger. Ancelotti hat sich für die Spielstärke entschieden.

Und jetzt kommt auch noch James Rodriguez dazu.


James muss das Vertrauen rechtfertigen, dass Ancelotti in ihn setzt. Er ist ja sein Wunschspieler. James ist ein überragender Spieler, der Bayern weiterbringen wird, weil er eine weitere Alternative ist. Aber er ist kein Lionel Messi oder Cristiano Ronaldo.

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Ottmar Hitzfeld ist siebenmal deutscher Meister geworden.

Ancelotti wird daran gemessen, ob er die Champions League gewinnt.

Erst einmal muss die Pflicht erfüllt werden. Die Pflicht heißt Meisterschaft. Natürlich hat Bayern das große Ziel, nach 2013 wieder die Champions League zu gewinnen. Die Chance ist da, aber die europäische Konkurrenz groß.

Wo sehen Sie die Bundesliga im internationalen Vergleich? Die Engländer geben immer mehr Geld aus – mit den großen Titeln aber klappt es nicht …

Die Bundesliga ist nach der spanischen Primera Division die zweitbeste Liga, sie ist besser als die Premier League. Die Engländer zahlen zu hohe Ablösesummen – diese machen einen Spieler aber auch nicht besser! Im Gegenteil. Diese hohen Summen sind ein Rucksack für die Spieler, sie bedeuten noch mehr Druck. In England hat man es versäumt, eigenen Nachwuchs zu integrieren, stattdessen zu viele Ausländer gekauft. Wenn man Geld hat, ist die Verlockung natürlich groß. Es ist aber ein Fehler.

Bayern hat erstmals 100 Millionen Euro in neue Spieler investiert. Hätten Sie während Ihrer Trainerzeit gedacht, dass dies mal passieren wird?

Man muss sich an die Summen gewöhnen. Das Schlimme ist ja: Wenn ein Spieler heute 20 Millionen Euro kostet, denkt man schon fast, dass es kein Topspieler sein kann. So ertappt man sich selbst dabei, dass man sich an die Preise schon gewöhnt hat. (lacht) Fußball ist heute mehr als Sport. Fußball wird immer mehr zur Religion, zu einer Glaubensgesinnung.

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.Um Pierre-Emerick Aubameyang gab es in der Sommerpause viel Wirbel.

Und die Trainer werden immer jünger.

Die Konkurrenz ist heute größer. Früher wurden selten Nachwuchstrainer verpflichtet. Heute ist es ein Trend, dass man ihnen die Chance gibt. Es ist kein Segen, wenn man zu schnell nach oben kommt. Denn was soll dann in zehn Jahren sein? Wo soll es dann für sie noch hingehen? Früher musste man sich den Bundesligatrainerjob härter erarbeiten – und wenn man es dann geschafft hatte, hatte man auch mehr Kredit. Heute ist es schnelllebiger – wie alles in unserer Zeit.

Beispiel Julian Nagelsmann.

Er hat die Mannschaft im Abstiegskampf übernommen und in die Spitze geführt. Man muss ihm ein hervorragendes Zeugnis ausstellen. Doch es wird Rückschläge geben. Es kann nicht immer aufwärts gehen. Entscheidend wird sein, sich damit auseinanderzusetzen, die Nerven zu bewahren, ruhig zu bleiben. Trainer, die kurzfristigen Erfolg haben, werden sehr schnell hochgelobt – und nicht selten dann irgendwann links liegen gelassen, wenn der Erfolg nicht mehr da ist. Diese Gefahr sehe ich bei ihm nicht. Er hat das Vertrauen des Vereins.

Das sich der junge Tedesco auf Schalke erst noch erarbeiten muss?

Auf Schalke hat es Tradition, dass immer etwas los ist. Dieser Klub pulsiert. Ich wünsche den Fans, dass der Erfolg wieder Einzug hält. Mit Tedesco hat man eine sehr gute Wahl getroffen. Er ist jung, dynamisch, macht gleichzeitig einen besonnenen Eindruck.

„Aubameyang ist für Dortmund nicht zu ersetzen.“

Wie bewerten Sie eigentlich das, was Christian Streich in Freiburg leistet?

Er ist immer der Trainer des Jahres, wenn er es wieder schafft, in der Bundesliga zu bleiben. Er hat immer nur ein kleines Budget, dann wird die halbe Mannschaft verkauft – und trotzdem schafft er immer Großartiges. Streich ist auch ein Vorbild für seine Kollegen. Er jammert nicht, wenn ihm wieder seine Spieler weggekauft werden: Er sucht Alternativen, integriert sie und ist wieder erfolgreich. Darin ist er Meister.

Mit dem VfB Stuttgart und Hannover 96 sind zwei Teams aufgestiegen, die auch vergangene Saison in der 2. Liga gefühlte Bundesligisten waren.


Eigentlich geht es für Aufsteiger immer erst einmal gegen den Abstieg. Diesmal kann das anders sein. Stuttgart und Hannover sind keine normalen Aufsteiger, sie werden nicht absteigen. Und durch diese beiden Teams wird es sehr viel enger in der zweiten Hälfte der Tabelle. Jeder in der zweiten Tabellenhälfte wird in Abstiegsgefahr sein. Es wird eine knallharte Bundesligasaison.